Kilian
Diemer hat`s gleich mehrfach erwischt. Nicht genug, dass der 49-Jährige an
Morbus Bechterew erkrankt ist. Vor acht Jahren stürzte er in seiner Küche
und brach sich die Wirbelsäule. Wegen seiner Vorerkrankung war seine Wirbelsäule
Jahre zuvor versteift worden war, so dass er den Kopf nicht mehr drehen konnte.
Nur diesem Umstand ist zu verdanken, dass die Diagnose "nur" Querschnittlähmung
ab dem zweiten Halswirbel und nicht Exitus nach Genickbruch lautete.
Heute kann Kilian Diemer nur noch die Augen öffnen und schließen, sowie
langsam essen und leise reden. Dennoch lebt er ein selbstbestimmtes Leben, da er
als Arbeitgeber eigene Assistentinnen beschäftigt. Diese kennen seine Bedürfnisse
gut und verstehen ihn auch dann, wenn er wegen gesundheitlicher Probleme nur noch
schwer verständlich oder gar nicht sprechen kann.
Dramatisch wurde es jedoch vor etwa fünf Jahren. Der Morbus Bechterew hatte
sich verschlechtert und eine Kieferoperation wurde unumgänglich. Kilian Diemer
kam in eine Uniklinik, die keinerlei Erfahrungen mit hoch Querschnittgelähmten
hatte.
Entgegen vorheriger Absprache bekam er bereits am zweiten Tag seines Krankenhausaufenthaltes
eine Magensonde, einen Dauerkatheter und ein Tracheostoma (Luftröhrenschnitt)
verpasst. Damit begann eine mehrmonatige Leidenszeit, an die er sich auch heute
nur mit Grauen zurück erinnert. Wegen des Tracheostiomas konnte er nicht mehr
sprechen und seine Bedürfnisse und Wünsche mitteilen. Die ständig
wechselnden Schwestern verstanden nicht, wenn er verständlich machen wollte,
dass er Schmerzen hatte, anders gelagert werden wollte. Wurde er doch einmal in
den Rollstuhl gesetzt, kam es vor, dass er stundenlang dort saß, nur in eine
Richtung blicken und mit niemandem Kontakt aufnehmen konnte. War er vom Sitzen erschöpft
und kurz vor dem Kollabieren, konnte er sich nicht bemerkbar machen, sondern musste
vielmehr warten, bis eine Schwester von sich aus kam.
Kurze Erleichterung dieses mehrmonatigen Martyriums hatte er nur, wenn seine Assistentinnen
oder die Familien seiner Geschwister ihn besuchten. Und das war nicht ständig
möglich, da das Krankenhaus zu weit vom Wohnort entfernt war.
Kilian Diemer ist kein Einzelfall. Daher fordern wir
Weitergewährung der Assistenzleistungen auch bei Unterbrechung durch
stationäre Versorgung, sowie bei medizinischen und beruflichen Rehabilitations-
maßnahmen