"Ein Recht auf Unvollkommenheit - zur Gleichstellung
behinderter und nicht behinderter Menschen" - Podiumsdiskussion im
Rahmen der Ausstellung "Der (im-)perfekte Mensch"
17.00 - 19.00 Uhr im
Deutschen Hygienemuseum in Dresden u.a. mit
Ursula Eggli - Schriftstellerin aus der Schweiz, Heinz
Preis vom Deutschen Behindertenrat/BAGH und Elke Bartz vom Forum
selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V. In Verbindung hierzu
bietet sich auch ein Besuch der Ausstellung und einer Buchlesung von Ursula
Eggli an.
Veranstalter: Deutsches Hygienemuseum und LAGH Sachsen
Nähere Infos: Besucherservice des Hygienemuseums
Tel.
0351 4846-670, FAX 0351 4846 595 oder Email
service@dhmd.de (zugleich auch
für die Anmeldung von Ausstellungsführungen) Internetadresse
www.dhmd.de
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Heinz Preis auf dem Weg zur Ausstellung "der imperfekte
mensch" |
Ein Recht auf Unvollkommenheit?
So lautete die Frage zur Podiumsdiskussion, die vom Deutschen Hygienemuseum zu Dresden in Zusammenarbeit mit der Aktion Mensch und der Landesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte e.V. Sachsen am 4. Mai veranstaltet wurde. Rund 60 Interessierte reisten teilweise mehrere Hundert Kilometer an, um daran teilzunehmen. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Kölner Journalistin Jutta vom Hofe.
Dr. Thomas Sören Hoffmann, Philosoph aus Bonn betrachtete das Thema aus philosophischer Perspektive. Dabei kam sehr schnell die Frage danach auf, was denn Vollkommenheit überhaupt ist und ob es überhaupt vollkommene Menschen gibt oder geben kann. Auch die Ethik ist kein Begriff, der zweifelsfrei definiert werden kann. Vielmehr besteht ein steter Wandel durch die Entwicklung der Gesellschaft und ihrer Normen. Gefährlich wird die Unterscheidung von Menschen und Personen. So will der australische "Ethiker" Peter Singer Menschen bis zum 14 Lebenstag das Recht auf Persönlichkeitsrecht absprechen, um behindertes und seiner Meinung nach demzufolge lebensunwertes Leben, bis dahin straffrei und moralisch unverwerflich vernichten zu dürfen.
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Auf dem Podium: Ursula Eggli, Schriftstellerin, Bern und Dr. Thomas Sören Hoffmann, Philosoph, Bonn |
Aus der Schweiz angereist war die behinderte Schriftstellerin Ursula Eggli. Sie las aus ihren Büchern wie den "Freakgeschichten" und stellte damit ihre Sichtweise von der Vollkommenheit dar. Ihre Lesung war sowohl humorvoll, als auch nachdenkend machend und Betroffenheit weckend. In ihrer Romanwelt gibt es nichts Schlimmeres als "normal" zu sein, nicht aufzufallen, eben nichts Besonders zu verkörpern. Absurd ist danach das Streben nach Vollkommenheit -
oder andersherum liegt die Vollkommenheit im Unvollkommenen.
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Elke Bartz auf dem Podium |
Elke Bartz fragte, ob die Frage nach dem Recht auf Unvollkommenheit so überhaupt gestellt werden kann. Das hieße, es gäbe ein Recht auf Vollkommenheit. Oder gibt es überhaupt kein Recht? Und gäbe es das Recht auf Vollkommenheit, könnten die Debatten über die Präimplantationsdiagnostik, die Pränataldiagnostik und viele anderen Debatten über Ethik, Moral und Menschenwürde beendet werden. Denn dann wäre es selbstverständlich, dass am Keimgut geforscht und behindertes ungeborenes Leben nur wegen seiner Behinderung vernichtet würde. Es gilt jedoch im Gegenteil, alle Menschen gleichermaßen zu achten und für Benachteiligte wie behinderte Menschen gesetzliche Nachteilsausgleiche zu schaffen. Zwar können Gesetze alleine Benachteiligungen und Diskriminierungen nicht gänzlich beseitigen und verhindern. Doch sind sie richtungweisend. Wenn selbst der Staat behinderte Menschen nicht gleichstellt und ihnen Chancengleichheit gewährt, warum soll Otto-Normalverbraucher das tun?
meint Elke Bartz
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Heinz Preis auf dem Podium |
Der aus Erlensee bei Hanau stammende Heinz Preis ist stellvertretender Sprecher des Deutschen Behindertenrates und stellvertretender Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte e.V. Er berichtete, dass seine Heimatgemeinde als erste in Deutschland in ihre Kommunalordnung die Verpflichtung zur Barrierefreiheit aufgenommen hat. Auch wenn noch nicht alle Barrieren beseitigt wurden, können in Erlensee Menschen viel ungehinderter als anderswo am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Heinz Preis stellt ebenfalls in Frage, dass es menschliche Vollkommenheit überhaupt gibt. Gerade die Vielfalt und das Anderssein bereichert die Gesellschaft. Dieses gilt es anzuerkennen und zu fördern.