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70 Jahre Grundgesetz und immer noch keine Menschenrechte für alle!

70 Jahre Grundgesetz und immer noch keine Menschenrechte für alle!

Unter dem Titel „Polen 39. Wie deutsche Soldaten zu Mördern wurden" erklärte der Fernsehsender arte am 1. September 2019, wie es geschehen konnte, dass Väter, Brüder, Arbeitskollegen und Nachbarn ohne jede Skrupel Menschen ermordeten. Der Weg dorthin war einfach: Man stufte sie alle, die man nicht mehr wollte, zu Untermenschen herab. Das galt für Juden, Homosexuelle, Sinti und Roma, Kommunisten, aber auch für die Völker im Osten, deren Lebensraum man für sich beanspruchte. Man schilderte Gräuelmärchen über sie, zeigte sie im verwahrlosten Zustand, schilderte sie als kriminell und asozial. Schon nach kurzer Zeit zeigte das Wirkung. Zuerst nur vereinzelt, später industriell organisiert, wurden sie ermordet. Von eben diesem oben beschriebenen Personenkreis. Und es waren keineswegs nur Männer!

Dieses Verfahren funktioniert bis in die heutigen Tage.

Auch wenn man die Menschen (meist) nicht mehr umbringt: Der Umgang mit missliebigen Menschen anderer Nationen zeigt unter Trump, unter Orban, unter Salvini, um nur drei zu nennen, ähnliche Züge. Aber auch die sogenannte AfD arbeitet nach dem gleichen Strickmuster. Ungestraft wird vom Unvolk geredet und dass man die Grenze bewaffnet schützen müsse. Die breite Zustimmung der deutschen Bevölkerung kann man an den Wahlergebnissen ablesen. Und selbst wenn es „nur" Protestwähler wären: Die Geschichte der Entstehung der Nazi-Herrschaft zeigt, wohin es führt, wenn Wenige entschlossen agieren und sich die Mehrheit angewidert zurückhält.

Jahrzehntelange Ausgrenzung behinderter Menschen

Unter diesem Blickwinkel kann man auch die jahrzehntelange Ausgrenzung von behinderten Menschen betrachten. Gut, man brachte sie nicht mehr um, als der zweite Weltkrieg vorbei war. Jetzt ging es darum, unter dem Vorwand der Fürsorge die „Restbestände" an behinderten Menschen so zusammenzufassen, dass sie die Gesellschaft nicht am Wiederaufbau des Landes hinderten. Mittlerweile hat sich dieses Denken auch auf alte Leute ausgedehnt. Sobald Hilfe in Anspruch genommen werden muss, maßen sich die Gesellschaft und in ihrer Vertretung Politik und Verwaltung an, die Menschenrechte behinderter und alter Menschen einzuschränken. Man steckt sie in Anstalten, wo man sie kostengünstig versorgen kann. So stören sie mit ihrem Dasein die Menschen nicht, die noch als Produktionsfaktoren taugen.

Gesundheitsminister Spahn will beatmete Menschen in Anstalten abschieben!

In diesem Licht betrachtet ist der Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn ein weiterer Schritt zurück. Schien man sich auf den gesellschaftlichen Konsens geeinigt zu haben, dass Anstalten ein Auslaufmodell sind, dass sie zumindest nicht mehr zwangsweise mit Menschen befüllt werden sollen, so hat uns dieser Minister eines Besseren belehrt. Angeblich, um schwarze Schafe, die es unter den ambulanten Diensten gibt, das Geschäftsmodell auszutrocknen, sollen beatmete Menschen nur noch in Ausnahmefällen in Freiheit leben dürfen. Und das auch nur befristet. Im Kabinett ist er sich der Zustimmung sicher. Sonst hätte er diesen verfassungswidrigen Gesetzentwurf nie erlaubt. Und wo bleibt der Aufschrei der Gesellschaft? Lediglich von beatmeten Menschen selbst, ihren Vereinen und Verbänden gab es offene Briefe an den Minister, der sich davon wenig beeindruckt zeigt. Denn er weiß die Gesellschaft mehrheitlich hinter sich. Dieser Minister, der auf unsere Verfassung seinen Diensteid geleistet hat, ist wohl nur im Parlament oder über das Verfassungsgericht aufzuhalten.

Kein Interesse der Regierenden an einer Bewusstseinsänderung!

Das ist alles eine Folge dessen, dass nach 1945 keine wirkliche Bewusstseinsänderung eingetreten ist. Noch immer arbeiten Heerscharen von Bürokraten und Wissenschaftlern daran, uns an der Verwirklichung unserer Menschenrechte zu hindern. Unter den Augen der Bevölkerung. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich Ende des letzten Jahrhunderts Unterschriften gegen die Pflichtpflegeeinsätze bei behinderten Arbeitgebern gesammelt habe. Die sind heute noch totaler Unsinn und haben schon die Pflegeversicherung Unsummen gekostet. Damals bekam ich immer wieder ins Gesicht gesagt, dass man die Behinderten kontrollieren muss und dass denen nicht alles in den A… geschoben werden darf. Trotz über 10.000 Stimmen für die Petition wurde diese abgelehnt. Aber die Reaktionen von Teilen der Bevölkerung halten sich bei mir hartnäckig im Gedächtnis. Das uns von den Nazis eingeimpfte Denken wäre nicht so nachhaltig, wäre es nicht schon in der Gesellschaft vorhanden gewesen. Durch den staatlichen „Segen" wurde es jedoch anscheinend unausrottbar.

Keine schnelle Hilfe in Notsituationen

Denn wie sonst ist es erklärbar, dass in behördlich bekannter Notlage behinderte Menschen im Bett liegen bleiben müssen, weil die Assistenz nicht in ausreichendem Umfang genehmigt wird? Und es soll doch bitte niemand sagen, dass man das nicht mitbekommt, beispielsweise in der Nachbarschaft, im Dorf oder im Viertel. Auch dass Bedienstete des Staates, aber auch der Sozialversicherung betrügen, erpressen oder nötigen, bewusst falsch informieren oder schlichtweg nichts unternehmen, ist ohne die Billigung der Gesellschaft schwer vorstellbar. Immer wieder muss man erleben, dass Widersprüche liegenbleiben, um dann die Frist wieder von neuem anlaufen zu lassen, indem man scheinheilig fragt, ob man den Widerspruch aufrechterhalten möchte. Viele Krankenkassen haben dieses Verfahren perfektioniert und zum Standard gemacht.

Wetten, dass

es gelänge, genügend Freiwillige zu finden, um unsere Grenzen mit genehmigtem Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge zu schützen? Orban hat es uns mit seinen Milizen gezeigt.

Der Schlüssel liegt bei der Wirtschaft

Für mich liegt der Schlüssel in der Wirtschaft. Dort hat man nur Interesse an Menschen, solange sie an der Wertschöpfung beteiligt sind. Alle anderen sind so kurz wie möglich zu halten, denn sie kosten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Die Politik hat aufgegeben, die Wirtschaft zu kontrollieren. Diese hat das Verfahren längst umgedreht.

Artikel von Franz Schmahl vom 31.08.2019 in den kobinet-Nachrichten: Wie Soldaten zu Mördern wurden

Gerhard Bartz, ForseA-Vorsitzender
07.09.2019

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