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Und es gibt sie doch … |
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von Dr. Klaus Mück
Es ging wieder auf Weihnachten zu und es war die Zeit, wo sich wieder alle auf eine Weihnachtsgeschichte freuten. Eine Weihnachtsgeschichte, die immer anders war als andere Weihnachtsgeschichten. Sie erzählten von den kleinen Dingen des Lebens, die für viele nicht besonders waren, aber für die die es betraf, waren es meist sehr einschneidende Dinge.
Und da man sich an Weihnachten etwas wünschen darf, wünschten sich die Betroffenen in den Weihnachtsgeschichten eben die Erfüllung dieser vermeintlich kleinen Dinge. Dabei war es immer schwierig und es gab wenig Einsehen auf dem Weg der Erfüllung. Und auf wundersame Weise verbunden mit einem Schmunzeln, manchmal auch mit tiefer Rührung und nicht selten mit leicht erhobenem Zeigefinger taten sich dann doch Wege auf, die man zuvor nicht für möglich gehalten hatte. So konnte jedes Jahr Weihnachten immer wieder mit neuer Erkenntnis und mit neuem Glanz kommen und begangen werden.
Doch dieses Jahr ist etwas anders. Diesmal schreibt sich die Weihnachtsgeschichte nicht von alleine. Dieses Mal schlägt man nicht einfach die Seite auf, liest die Weihnachtsgeschichte und legt sie schmunzelnd beiseite, mit leiser Hoffnung, dass sie auch bei den richtigen Leuten wieder ankommt. Dieses Mal gibt es vielleicht keine Weihnachtsgeschichte, weil sie sich nicht von alleine schreibt …
Es gibt diesmal niemanden, der eine solche Weihnachtsgeschichte schreibt. Es gibt auch niemanden, der all die Arbeit macht, die sonst so ganz von alleine erledigt wurde. Oder die vielen Gespräche, die stattfanden, um sich mit anderen über die Umsetzung der kleinen Dinge auseinanderzusetzen. Dabei brauchen doch die Betroffenen aus den Weihnachtsgeschichten ein Sprachrohr, einen Fürsprecher und manchmal auch ein kleines oder großes Wunder.
Es gibt so viel zu tun und manches erscheint wie Sisyphusarbeit, dass viele der Betroffenen schon resigniert haben und sich all den Regelungen und Vorschriften, manche mit Sinn manche auch ohne diesen, unterworfen haben und schauen, wie sie sich damit arrangieren können. Da ist die Regelung, die dafür sorgt, dass die Betroffenen Angst davor haben, ins Krankenhaus zu gehen, weil sie nicht gemäß ihren Bedürfnissen versorgt werden könnten. Was es bedeutet ein Zuhause zu habe, versteht der am besten, der es einmal nicht hatte, oder gar auf Dauer verloren zu glauben meint. Da müssen Eltern von Betroffenen zeitlebens für ihre Kinder finanziell einstehen, auch wenn sie ihren Kindern immer zur Seite standen und jetzt auch mal ihren Ruhestand genießen möchten. Da ist das Pärchen, das ein gemeinsames Leben auch gerne so leben möchte, wie andere auch und das dann vor dem finanziellen Ruin stehen würde. Da ist die Auseinandersetzung mit den Ämtern, die den Betroffenen manches Mal die letzte Kraft kostet. Und vieles, vieles mehr …
Vieles gibt es zu tun, sehr vieles sogar. Und es gibt Lichtblicke. Es gibt Fürsprecher, die sehen, dass eine Krankenhausversorgung umfassend sein muss. Es gibt Fürsprecher, die wissen, was ein Zuhause bedeutet und es gibt Fürsprecher, die weiterdenken und wissen, wie schnell man selbst betroffen sein kann. Diese Fürsprecher gibt es sogar weltweit. Sogar so stark, dass manche Regelung auf nationaler Ebene neu geschrieben werde muss. Doch all diese Fürsprecher müssen wissen für wen sie sprechen. Sie müssen wissen, für was sie Fürsprecher sein sollen.
Deshalb ist es jetzt an der Zeit, dass sich die Betroffenen nicht in eine Weihnachtsgeschichte zurückziehen, sondern sich zusammenschließen und jeder seine Weihnachtsgeschichte, seine Wünsche, seine Bedürfnisse mitbringt und alle gemeinsam die anstehenden Arbeiten erledigen, denn verteilt auf viele Schultern ist alles leichter und lässt vieles möglich werden.
Aber das wäre ja zu schön. Letztlich wird sich doch jeder zurückziehen und Regelung, Regelung sein lassen. Es sind zu dicke Bretter wird man hören. Es ist zu viel, es ist unmöglich. Es geht nicht ... und so wird es auch keine Weihnachtsgeschichten mehr geben.
Und doch, gibt es dieses Jahr wirklich keine Weihnachtsgeschichte? Also, ich glaube, auch dieses Jahr gibt es eine Weihnachtsgeschichte, auch dieses Jahr wird Weihnachten gefeiert und auch in Zukunft werden Wünsche in Erfüllung gehen. Lasst uns alle daran arbeiten, lasst uns alle unsere Wünsche umsetzen, denn gemeinsam werden wir alles erreichen können! |
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Oh Tannenbaum |
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Er war schon immer etwas zu klein, zudem etwas krumm gewachsen und als er größer wurde, lehnte er sich an eine große Eiche, die ihn etwas stützte. Irgendwie schien es, als habe er einen schlechten Start ins Leben erwischt. Schon als sein elterlicher Tannenzapfen von einem kleinen buschigen Eichhörnchen entführt wurde und dann an einem ungünstigen Standort wieder fallengelassen wurde, war vorgezeichnet, dass er es nicht leicht haben werde. Etwas zu wenig Wasser, deutlich zu wenig Licht, aber die Luft, die war ausgesprochen gut. Die Eiche, die ihn stützte, war zwar ein guter Kamerad und auch im stärksten Sturm im wahrsten Sinne des Wortes eine standhafte Eiche, aber gleichzeitig brauchte sie viele Nährstoffe, die ihm dann wiederum fehlten. So führte er sein Leben lang ein Schattendasein, und stand nicht im Rampenlicht wie die anderen Tannen, die groß, stark und gut gebaut waren und im Leben besser dazustehen schienen.
Sowohl er als auch die anderen Bäume standen an einem leichten Hügel und man hatte einen herrlichen Ausblick ins Tal, das jetzt um diese Jahreszeit kurz vor Weihnachten wie mit einem Zuckerguss überzogen in voller Pracht da lag. Selbst der in der Ferne liegende See war dieses Jahr zugefroren und wenn man ganz genau hinsah, konnte man kleine bunte Punkte sehen, die sich auf der Eisfläche hin und her bewegten. Im letzten Sommer als alles aufgeblüht war und in saftigem Grün dastand, war es etwas laut um ihn herum geworden. Dass hin und wieder Menschen den Weg entlang kamen, unweit dessen er stand, das kannte er. Aber dieses Mal waren es sehr viel mehr Menschen und sie kamen auch mit großen stinkenden Dingern daher und sie machten viel Krach. Menschen mochte er, warum konnte er nicht sagen, auch wenn sie ihn meist nicht einmal wahrnahmen. Was es mit diesen großen stinkenden Dingern und dem Krach auf sich hatte, merkte er schnell. Sie bauten eine Blockhütte, direkt neben seinem Kumpel, der Eiche. Zunächst dachte er, so jetzt wars das mit der Ruhe, aber es war dann doch halb so schlimm, denn es kamen nur hin und wieder Menschen, die meist nur ein paar Tage blieben und dann wieder gingen. Außerdem genossen diese ebenfalls die Ruhe und vor allem den grandiosen Ausblick.
Vor ein paar Tagen war eine Familie mit einem kleinen Mädchen angekommen, die es sich in der Hütte bequem gemacht hatten. Sie sorgten dafür, dass das Feuer im Ofen der Hütte nie ganz aus ging und es so immer mollig warm war. Oft gingen sie auch nach draußen und genossen die Natur, zeichneten Schneeengel in den frisch gefallenen Schnee, veranstalteten lautstark eine Schneeballschlacht und fielen abends todmüde ins Bett.
Der Wald in dem er stand, lag nicht weit eines kleinen verschneiten Dorfes in dem die Menschen sich wie jedes Jahr darauf vorbereiteten, Weihnachten zu feiern. Während die einen hektisch durch den alljährlich aufgebauten Weihnachtsmarkt hetzten, nahmen sich andere etwas mehr Zeit, wärmten sich mit heißen Getränken und schlenderten eher gemütlich an den einzelnen Buden vorbei. Neben den Würstchenbuden und Glühweinständen gab es allerlei Krimskrams, Kitsch aber auch ganz Praktisches oder aber einfache und anspruchsvolle Handwerkskunst. Da Heiligabend nicht mehr weit entfernt war, wurde die Frage nach einem schönen gut gewachsenen Weihnachtsbaum immer bedeutsamer. Gleichmäßig gewachsen, gerade, dicht und schön grün. Frisch geschlagen natürlich auch, schließlich sollte er ja bis zum offiziellen Weihnachtsende zu Mariä Lichtmess stehen können, auch wenn heutzutage der Weihnachtsbaum von Glück reden kann, wenn er Silvester übersteht.
Angelehnt an seine Eiche beobachtete unser Tannenbaum jedes Jahr zur Weihnachtszeit wie sich aus dem Dorf eine Gruppe von Menschen aufmachte, um zwei der schönsten Tannen, die er doch immer wieder so sehr beneidete, zu fällen. Aus den Gesprächen, die die Menschen so führten, ging hervor, dass die eine Tanne auf dem Marktplatz und die andere in der Kirche stehen sollten. Prächtig geschmückt und von allen bewundert, ja, das wollte er doch auch einmal sein. Im Mittelpunkt von allem zu stehen, das war ein verlockender Gedanke. Doch schließlich nach den Festtagen als Brennholz zu enden, und vor allem diesen grandiosen Ausblick nicht mehr zu haben, machte ihn wieder genügsam. Er hatte im Laufe der Jahre gelernt, bescheiden zu sein und die großen Dinge hintenan zu stellen. Doch schön wäre es schon einmal …
Während er so seinen Gedanken nachhing, bemerkte er, wie sich der Vater um das kleine Mädchen kümmerte, das irgendwie traurig aussah und mit den Tränen kämpfte. „Aber warum können wir dieses Jahr keinen Weihnachtsbaum haben!?" hatte sie schluchzend zu ihm gesagt. „Sieh mal, die Blockhütte ist doch viel zu klein und außerdem ist es doch besser, wenn die Tannen hier im Wald stehen bleiben können." hatte er erwidert. „Aber die andere haben doch auch alle einen, und es gibt doch so viele!" versuchte sie hartnäckig doch noch ihre Vorstellung von Weihnachten zu retten. So ging es eine ganze Weile hin und her und auch am nächsten Tag schien ihr der Gedanke an ein Weihnachten ohne Weihnachtsbaum nicht zu gefallen. Nun, gerne hätte er ihr diesen Wunsch erfüllt, doch für die Blockhütte war er zu groß und naja, er war ja nun wirklich nicht der Schönste, so dachte er.
Dann war der Morgen von Heiligabend da. Er hatte es sich genehmigt, heute ausgiebiger als sonst in die Ferne zu schweifen, da die Luft klar und rein war und man heute weiter in die Ferne sehen konnte als an anderen Tagen. Geschützt unter dem Eichenbaum hatte er nicht so viel Schnee abbekommen wie die anderen Tannen weiter unten, doch leicht gezuckert stand er ebenfalls da. Er mochte das, schließlich gab es ihm doch etwas Erhabenes. Doch irgendetwas irritierte ihn, denn trotz Windstille wackelten seine Äste immer wieder leicht hin und her und manchmal glaubte er ein leichtes Zwicken zu verspüren, wie im Frühjahr, wenn sich Vögel ein Nest bauen oder wenn Eichhörnchen durch seine Zweige turnten. Zunächst war es ihm nicht aufgefallen, aber dieses Zwicken und Ziepen hörte nicht auf. Zudem hörte er das kleine Mädchen aufgeregt plappern und lachen und auch die Eltern waren gut gelaunt und dann, ja dann traute er seinen Sinnen nicht. Das Zwicken war kein Zufall, ganz und gar nicht: Er wurde gerade als Weihnachtsbaum geschmückt! Glitzernde Kugeln hingen an seinen Ästen, rote und blaue, silberne und goldene. Sterne wurden dazwischen aufgehängt und vieles, vieles mehr. Und zu guter Letzt wurde ihm noch eine kleine Krone aufgesetzt. Er war so stolz wie in seinem ganzen Leben nicht und als es dunkel wurde und die aufgehängten kleinen Laternchen ihm zusätzlichen Glanz verliehen, glaubte er geradezu das Frohlocken der himmlischen Chöre zu hören. In diesem Moment wusste er, dass es gut war, an dieser Stelle zu stehen, so zu sein wie er eben war und er wollte mit keinem anderen Tannenbaum auf der Welt tauschen!
Dr. Klaus Mück
Weihnachten 2008 |
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