Bundesverband
Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V.


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Unsere Forderungen

Eckpunkte für gesetzliche Regelungen zur Sicherung der Assistenz und Teilhabe behinderter Menschen

Angesichts der enormen Benachteiligungen und (finanziellen) Belastungen von behinderten und chronisch kranken, auf Assistenz angewiesenen Menschen und deren Angehörigen, fordern die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden auf, folgende Regelungen zur Sicherstellung der Assistenz und Teilhabe behinderter Menschen zu schaffen und zu gewährleisten:

  1. Individuelle bedarfsgerechte Leistungen unabhängig der Art und Ursache der Behinderung und des Alters
  2. Umfassendes Wahlrecht bei der Inanspruchnahme von Leistungen als Kostenerstattung im Arbeitgebermodell, als Sachleistung und/oder Persönliches Budget
  3. Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung bei den Leistungen der Eingliederungshilfe, Blindenhilfe und Hilfe zur Pflege
  4. Recht auf gleichgeschlechtliche Assistenz
  5. Weitergewährung der Leistungen auch bei Unterbrechungen durch stationäre medizinische Versorgung, sowie bei medizinischen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen
  6. Die Kostenerstattung für Assistenzleistungen und Persönliche Budgets muss eine tarifliche Entgeltzahlung der Assistenzkräfte ermöglichen und sicher stellen

1. Individuelle bedarfsgerechte Leistungen unabhängig der Art und Ursache der Behinderung und des Alters

Nach wie vor gibt es eine "Mehrklassengesellschaft", wenn es um die Finanzierung von Hilfeleistungen geht. Menschen, die einen unverschuldeten (Arbeits-)Unfall hatten oder infolge eines Impfschadens nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Impfung behindert wurden, können ihre berechtigten Ansprüche relativ einfach umsetzen. Von Geburt an oder durch Krankheit behinderte Menschen haben oft nur die Möglichkeit - neben der Pflegeversicherung - sich an die Träger der Sozialhilfe zu wenden. Behinderten Kindern und alten Menschen werden Leistungen nicht selten wegen ihres Alters verweigert. Bei Kindern sollen die Eltern möglichst umsonst die Hilfen leisten. Alten Menschen wird oft die Eingliederungsfähigkeit abgesprochen und sie werden zu "Pflegefällen" degradiert. Wichtig ist auch, dass Leistungen den individuellen Bedürfnissen entsprechend gewährt werden und nicht als pauschal als Angehörigen einer Bedarfsgruppe.

2. Umfassendes Wahlrecht bei der Inanspruchnahme von Leistungen als Kostenerstattung im Arbeitgebermodell, als Sachleistung und/oder Persönliches Budget

Wir sind zwar der Meinung, dass das Arbeitgebermodell die größtmögliche Selbstbestimmung ermöglicht, unmittelbar gefolgt von Leistungen einer Assistenzgenossenschaft. Dennoch darf diese Form der Hilfenahme nicht dogmatisch als einzig richtige forciert werden. Nicht jeder behinderte Mensch kann oder will seine Hilfen durch das Arbeitgebermodell sichern. Daher ist sehr wichtig, generelles Wahlrecht zu haben. Persönliche Budgets können helfen, das Wahlrecht zu stärken, jedoch nur, sofern sie den jeweiligen individuellen Bedarf decken.

3. Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung bei den Leistungen der Eingliederungshilfe, Blindenhilfe und Hilfe zur Pflege

Die unter Punkt 1. beschriebenen behinderten Menschen, die z.B. ihre Hilfen durch eine (gegnerische) Haftpflichtversicherung oder, bei Impfschäden, über das Versorgungsamt finanziert bekommen, erhalten diese Leistungen einkommens- und vermögensunabhängig. All diejenigen und ihre Angehörigen, die auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz angewiesen sind, müssen jedoch, gleichgültig wie hoch das (Familien-) Einkommen tatsächlich ist, ein Leben auf Sozialhilfeniveau fristen, da sie Einkünfte, die gewisse Freibeträge überschreiten, ganz oder teilweise für die Assistenz einsetzen müssen. Daher sind diese Menschen stets z.B. gegenüber ArbeitskollegInnen, die faktisch über das gleiche Einkommen verfügen, stark benachteiligt. Außerdem darf kein Vermögen angespart werden. Das bedeutet, größere Anschaffungen stets über Kredite finanzieren zu müssen und natürlich auch die entsprechenden Zinsbelastungen tragen zu müssen, die bei Ansparmöglichkeit nicht anfielen (sondern im Gegenteil Zinsen bringen würden).

4. Recht auf gleichgeschlechtliche Assistenz

Assistenz bei der Körperpflege zu benötigen, bedeutet stets gravierende Eingriffe in die Intimsphäre erdulden zu müssen. Um so wichtiger ist es, die Assistenzpersonen selbst aussuchen zu können. Unsympathische und/oder ungeeignete AssistentInnen stellen für die assistenznehmenden Menschen eine große psychische Belastung dar. Besonders (aber nicht ausschließlich) für Frauen ist es sehr wichtig, gleichgeschlechtliche Assistenzpersonen auswählen zu können. So können Vertrauensverhältnisse schneller aufgebaut und sexualisierter Gewalt besser vorgebeugt werden.

5. Weitergewährung der Leistungen auch bei Unterbrechungen durch stationäre medizinische Versorgung, sowie bei medizinischen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen

Kliniken und andere stationäre Rehaeinrichtungen sind oft nicht auf die speziellen Bedürfnisse behinderter Menschen eingestellt und vom Umfang der Hilfen restlos überfordert. Es geschieht nicht selten, dass deshalb z.B. Querschnittgelähmte mit Dekubiti (Druckstellen) aus Krankenhäusern entlassen werden, oder Patienten, die nicht alleine essen können, ohne medizinische Notwendigkeit, alleine aus Zeitgründen, eine Magensonde gelegt bekommen. Wenn die AssistentInnen den behinderten Menschen in die Klinik begleiten, können sie diese - über die Therapien und Behandlungen hinausgehenden - Mehrbedarfe abfangen und Unterversorgungen verhindern. Außerdem ist es arbeitsrechtlich problematisch, wenn bei stationären Aufenthalten die Assistenzkosten durch die jeweiligen Kostenträger nicht mehr weiter finanziert und die AssistentInnen arbeitslos werden.

6. Die Kostenerstattung für Assistenzleistungen und Persönliche Budgets muss eine tarifliche Entgeltzahlung der Assistenzkräfte ermöglichen und sicher stellen

In Deutschland ist es sehr wichtig, wo der assistenznehmende Mensch lebt. Wer an einem "günstigen" Ort lebt, kann seinen AssistentInnen Tariflöhne, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld bezahlen, da die Träger der Sozialhilfe diese Kosten anerkennen. Wer hingegen an einem "ungünstigen" Ort lebt, muss seine AssistentInnen unter Umständen zu Dumpinglöhnen "schwarz" beschäftigen. So werden die behinderten Menschen und die AssistentInnen gegen ihren Willen zu Steuerhinterziehungen und Sozialversicherungsbetrug gezwungen und von den Sozialhilfeträgern in die Illegalität gedrängt. Daher ist es wichtig, dass künftig gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die legale Arbeitsverhältnisse zulassen. Gleichzeitig würde damit die Freizügigkeit gesichert. Denn behinderte, assistenznehmende Menschen, die ihre Ansprüche gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen konnten, können diese anerkannten Ansprüche nicht einfach an den neuen Wohnort mitnehmen. Im Gegenteil, es muss das gesamte Antragsverfahren bei einem Umzug am neuen Wohnort erneut durchlaufen werden. Auch für die AssistentInnen gäbe es eine größere Rechtssicherheit, wenn sie wüssten, dass sie - gleichgültig in welcher Stadt assistierend - Tariflöhne bekämen.

Werben auch Sie dafür, dass Ihre Organisation diesen Aufruf unterstützt und teilen Sie dies dem Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen - ForseA e.V. - mit, das die Kampagne für eine faire Assistenz im Rahmen der Aufklärungsmaßnahme der Aktion Mensch koordiniert. E-Mail ottmar.miles-paul@kobinet.de - Tel. 0561/9977172.

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