Forum 5
Beratung und Unterstützung bei der Organisation der Persönlichen
Assistenz
Auf
dem Podium: Ulrich Hartschuh (LVA Baden-Württemberg) und Barbara
Combrink-Souhjoud (ZsL Köln)
Thesen zu diesem Forum
Bericht zum Forum 5
An dem von Barbara Combrink-Soujhoud vom Zentrum für selbstbestimmtes
Leben behinderter Menschen in Köln und dem stellvertretenden Leiter
der Rehabilitationsabteilung der LVA Baden-Württemberg, Ulrich
Hartschuh geleiteten Forum nahmen 20 Personen teil. Dabei entspann sich
nach den Einführungsreferaten der beiden AG-LeiterInnen eine rege
Diskussion mit einer Reihe von Vorschlägen für eine bessere
Beratung bei der Organisation der Persönlichen Assistenz.
Barbara Combrink-Soujhoud skizzierte in ihrem Beitrag die verschiedenen
Phasen des Beratungsprozesses im Zusammenhang mit der Organisation der
Persönlichen Assistenz.
1. Phase: Erstkontakt:
In dieser Phase findet die Kontaktaufnahme statt, die meist erst einmal
über das Telefon erfolgt. Dabei geht es in der Regel darum, Vertrauen
aufzubauen, erste Informationen zu geben, erste allgemeine und Fragen
zu den Möglichkeiten der Hilfeorganisation zu beantworten und Ängste
abzubauen.
2. Phase: Beratung und Unterstützung beim Aufbau der Persönlichen
Assistenz
In dieser Phase findet die Hauptarbeit statt, denn dabei geht es darum,
den KundInnen die verschiedenen Alternativen für die Organisation
ihrer Hilfen aufzuzeigen und für sie verständliche Informationen
zu geben, die es ihnen ermöglicht, eine eigenständige Entscheidung
über die Organisation der zukünftigen Unterstützung zu
fällen. In einem zweiten Schritt steht dann die Vermittlung von
noch fehlenden Kenntnissen und Fähigkeiten im Mittelpunkt, die
von den Grundregeln der Personalführung, über die rechtlichen
Rahmenbedingungen bis zur Lohnabrechnung reichen können. Die Begleitung
bei Behördengängen, die Unterstützung bei der Führung
von Einstellungsgesprächen oder bei Gesprächen mit dem Heimleiter,
den Eltern oder bei Konflikten mit AssistentInnen sind weitere Unterstützungen,
die in diesem Prozess häufig gewährt werden müssen.
3. Phase: Begleitende Beratung bei der bestehenden Assistenzorganisation
Wenn die Organisation der Persönliche Assistenz einmal läuft,
heißt dies nicht, dass keine Unterstützungen mehr nötig
sind. Denn besonders im Hinblick auf die vielfältigen Verantwortungen,
die behinderte Menschen übernehmen müssen, die ihre Hilfen
im Rahmen der Persönlichen Assistenz organisieren und auf die Tatsache,
dass viele behinderte Menschen oft Jahre lang abhängig gehalten
wurden und nicht gelernt haben, selbst Verantwortung zu übernehmen,
sind immer wieder Schulungen und Unterstützungen nötig. Vor
allem beim Auftreten von Konflikten oder bei einer Veränderung
der Behinderung, wenn zum Beispiel Neubegutachtungen anstehen, sind
weitere Beratungen und Unterstützungen nötig. Häufig
stehen auch Neueinstellungen der Persönlichen AssistentInnen an,
wobei eine entsprechende Unterstützung benötigt wird. Beim
Ãœbergang in eine andere Lebenssituation, wie zum Beispiel vom Studium
ins Arbeitsleben tritt ebenfalls häufig ein besonderer Unterstützungsbedarf
auf, weil dann zum Teil wieder neue Assistenzformen beantragt und organisiert
werden müssen, wie zum Beispiel die Arbeitsassistenz.
Grundsätzlich
betonte Barbara Combrink-Soujhoud, dass diese Beratung möglichst
unabhängig von Kosten- und Leistungsträgern erfolgen muss,
um parteiisch mit und für die Betroffenen agieren zu können.
Dabei werden diese als KundInnen einer Dienstleistung gesehen, an deren
Verwirklichung sie selbst entscheidend arbeiten müssen. Die Zentren
für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen und das Forum selbstbestimmter
Assistenz behinderter Menschen arbeiten bei der Beratung entscheidend
mit dem Einsatz von Peer CounselorInnen, also Betroffenen, die ihre
Erfahrungen mit einer eigenen Behinderung in den Beratungsprozess mit
einbringen und als positive Rollenvorbilder zeigen können, was
trotz Einschränkungen und mit Assistenz möglich ist.
Herr Hartschuh von der LVA Baden-Württemberg führte aus,
dass die Persönliche Assistenz bisher bei der LVA keine große
Rolle spielt, er diese Form der Organisation der Hilfen jedoch für
sehr wichtig halte. Er ermunterte die TeilnehmerInnen, das Sozialgesetzbuch
IX und dessen Möglichkeiten ernst zu nehmen und entsprechend zu
nutzen, denn dieses Gesetz müsse nun im Sinne der Betroffenen umgesetzt
werden. Vor allem sollten sich die Betroffenen nicht scheuen, die Kostenträger
in die Verantwortung zu nehmen, denn „nicht mehr die Kostenträger,
sondern die Interessen der Betroffenen müssen im Vordergrund stehen".
Die beste Beratung eines Kostenträgers sei dann gegeben, wenn es
ein einfaches Verfahren gibt, verständliche Vordrucke und Informationen
zur Verfügung gestellt werden und eine gute Kooperation mit anderen
Akteuren betrieben wird. Da jedoch „ohne Moos nix los" ist,
müsse die Beratung für die Persönliche Assistenz auf
eine rechtliche Grundlage, zum Beispiel analog der Regelungen im Bereich
der Beschäftigung behinderter Menschen, gestellt werden, um auch
einen Rechtsanspruch auf die Beratungsleistungen zu haben. Dieser könne
dann auch die Grundlage für die Finanzierung von entsprechenden
Beratungsangeboten bieten.
In der engagierten Diskussion wurde angeregt, ein Verzeichnis von Beratungs-
und Kontaktstellen zur Unterstützung bei der Organisation der Persönlichen
Assistenz zu erstellen und dieses an Servicestellen und andere Beratungsstellen
und im Internet zu verbreiten. Zudem wurde angeregt, Informationspakete
zum Thema Persönliche Assistenz für Betroffene und BeraterInnen
anzubieten bzw. bestehende besser publik zu machen. Da das Thema Persönliche
Assistenz noch in weiten Teilen der Bevölkerung eine „große
Unbekannte" sei, wurde vor allem betont, dass eine breit angelegte
Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema nötig ist.
Folgende Schlussfolgerungen wurden aus den Vorträgen und der
Diskussion in diesem Forum gezogen:
- Die Beratung und Unterstützung zur Organisation der Persönlichen
Assistenz muss gesetzlich verankert und entsprechend gefördert
werden.
- Die Methode des Peer Counseling stellt eine wichtige Ressource in
der Behindertenarbeit dar und muss verstärkt genutzt und eingesetzt
werden, um mehr behinderten Menschen ein selbstbestimmteres Leben zu
ermöglichen.
- Die Beratung und Unterstützung zur Organisation der Persönlichen
Assistenz muss kontinuierlich zur Verfügung stehen und darf nicht
damit enden, wenn die Organisation der Persönlichen Assistenz einmal
steht. Hilfen müssen auch weiterhin bei Bedarf abrufbar sein.
- Schulungen für AssistenznehmerInnen müssen verstärkt
entwickelt und angeboten werden.
Berichterstatter: Ottmar Miles-Paul, freier Publizist und Projektmanagement