Die ambulante Versorgung intensivpflichtiger Patienten und ihre Finanzierung
Podiumsdiskussion anlässlich des diesjährigen "European
Congress of Nursing" vom 14. bis 16. Oktober in München.
Es ging "heiß" her anlässlich der von ZDF-Moderatorin
Angelica Fell geleiteten Podiumsdiskussion, bei der über die Finanzierung
der Kosten für beatmete Menschen debattiert wurde. In der Diskussion
ging es um das konkrete Beispiel einer jungen Frau, die auf permanente
Beatmung angewiesen ist. Christoph Jaschke vom Heimbeatmungsservice
Brambring und Jaschke stellte dar, welche Problematiken sich hinsichtlich
der Kostenübernahme auftun. Die zuständige Krankenkasse will
nur einen geringen Teil der notwendigen Behandlungspflege finanzieren
und verweist auf die Leistungen der Pflegversicherung bzw. des Sozialhilfeträgers.
Schnell wurden die Fronten klar: Während die Vertreter behinderter
Menschen und der ambulanten Pflegedienste eine gesicherte Kostenübernahme
fordern, suchen die Vertreter der Kostenträger, insbesondere der
Krankenkassen, nach Möglichkeiten, die Kosten teilweise auf andere
Rehaträger wie die Pflegeversicherung und Sozialhilfeträger
„abzuwälzen". Der Leiter der Abteilung Gesundheitsfürsorge,
Krankenversicherung und Pflegeversicherung beim Bundesministerium für
Gesundheit und Soziale Sicherung, Franz Knieps, sowie Robert Schurer,
Direktor der AOK München, sahen die Ursachen darin im Gesundheitsmodernisierungsgesetz
sowie angeblichen Schnittstellen der Leistungsbereiche Behandlungspflege/Grundpflege.
Auf die Hinweise, dass die aktuelle Rechtsprechung etwas anderes besagt,
gingen sie nicht ein.
Vielmehr meinte Knieps, es stehe den Mitarbeitern ambulanter Dienste
nicht zu, die Interessen der behinderten Menschen zu vertreten. Das
könnten diese selbst. Er bedachte nicht, dass diejenigen, die nach
einem Unfall oder einer Krankheit neu in der Beatmungssituation sind,
häufig noch keine Kontakte zu Selbsthilfeorganisationen haben.
Außerdem sind sie in dieser oft angstbeladenen Situation nicht
in der Lage sich schnellmöglich über ihre Rechte und Möglichkeiten
kundig zu machen. Die Dienste hingegen kennen sich aus. Außerdem
können sie nicht unbegrenzt in Vorleistung gehen, ohne in finanzielle
Nöte bis zum Konkurs getrieben zu werden.
Claus Fussek, von der Vereinigung Integrationsförderung im München:
"Wir leisten uns ein hervorragendes Rettungssystem. Es gilt jedoch
nicht, nur das Überleben zu sichern sondern auch ein menschenwürdiges
Weiterleben. Es ist doch wohl jeder froh, wenn er selbst oder sein Angehöriger
einen Unfall oder eine Krankheit überlebt auch wenn als Folge eine
intensivmedizinische Versorgung wie Beatmung notwendig ist. Wir brauchen
eine gesamtgesellschaftliche Diskussion darüber, was uns dieses
Weiterleben wert ist".
Dazu ergänzt Elke Bartz, die menschenwürdigste Versorgung
sei die zuhause in der eigenen Wohnung. Als Alternative stünden
meist nur Intensivbetten in Krankenhäusern oder wenige Pflegeheimen
mit strukturell bedingten Einschränkungen der Selbstbestimmung
und Lebensqualität zur Verfügung. Außerdem wären
die Kosten einer stationären Versorgung bei gleichwertiger Qualität
und Quantität keineswegs geringer als die ambulante. „Hier
bei der Podiumsdiskussion geht es hauptsächlich um die auf den
ersten Blick hoch erscheinenden Kosten bei der Inanspruchnahme professioneller
Anbieter. Wir mussten in der Beratung jedoch die Erfahrung machen, dass
es selbst bei viel niedrigeren Kosten – wenn die Pflege und Assistenz
beispielsweise im Arbeitgebermodell organisiert werden soll –
sehr oft zunächst zu negativen Bescheiden kommt".
Die rege Beteiligung aus dem Plenum zeigte deutlich auf, dass die Anwesenden
nicht mit einer Reduzierung des Themas auf die reinen Kostenaspekte
einverstanden waren. Vielmehr müsse eine menschenwürdige,
gesicherte Versorgung der betroffenen Menschen im Vordergrund der Diskussionen
stehen.