Arbeitgebermodell statt Heimeinweisung
Wer
in Folge eines Unfalls oder einer Krankheit behindert und auf personelle
Hilfen angewiesen ist, steht häufig vor der Frage, wie diese organisiert
werden kann. Kam früher oft nur eine Heimeinweisung in Betracht,
gibt es heute menschenwürdigere und weitaus mehr Selbstbestimmung
ermöglichendere Alternativen.
Um diese Alternativen sowohl behinderten Menschen als auch professionellen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Rehakliniken vorzustellen, haben
die Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland,
FGQ, und das Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen,
ForseA, eine Veranstaltung in der Markgröninger Orthopädischen
Klinik durchgeführt.
ForseA-Vorsitzende
Elke Bartz stellte das Arbeitgebermodell den rund 50 Teilnehmenden der
Veranstaltung vor. Sie erläuterte, wie das Arbeitgebermodell funktioniert,
welche Finanzierungsmöglichkeiten es gibt und wo die entsprechenden
Anträge gestellt werden müssen. Weiterhin zeigte sie die Möglichkeiten
und Grenzen Persönlicher Budgets im Arbeitgebermodell auf. Bartz
betonte, dass ForseA behinderte Menschen auf dem Weg zum Arbeitgebermodell
aber auch als Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unterstützt, so
dass niemand vor bürokratischen oder sonstigen Problemen zurück
schrecken muss.
Rainer
Eisenmann ist selbst seit vier Jahren behinderter Arbeitgeber. Der hoch
Querschnittgelähmte zeigte sehr anschaulich auf, welche Verbesserungen
der Lebensqualität das Arbeitgebermodell ihm gebracht hat. «Mit
dem Arbeitgebermodell ist es mir möglich, ein ganz normales Leben
zu führen und den Alltag – auch jetzt mit Lebensgefährtin
und Kindern – zu gestalten». Er betonte, wie positiv es
für ihn ist, nicht mit ständig wechselnden Helfern konfrontiert
zu sein, wie es oft beim Einsatz ambulanter Dienste oder gar in Einrichtungen
üblich ist.
Von der Arbeit der evangelischen Gesellschaft Stuttgart, die einen
ambulanten Dienst unterhält, berichtete Martin Beitinger. Er betonte,
dass ambulante Dienste unter anderem dann sinnvoll und ergänzend
sein können, wenn sich ein behinderter Mensch (noch) nicht zutraut,
selbst Arbeitgeber zu werden. Außerdem seien Kombinationen von
Arbeitgebermodell und dem ambulanten Diensten möglich.
Herbert Müller von der FGQ gab einige Tipps zu Antragsverfahren.
«Anträge auf Leistungen, die eine bestimmte Summe übersteigen,
werden generell zunächst einmal abgelehnt», berichtet er.
Die Rehaträger wüssten, dass viele Antragsteller keinen Widerspruch
dagegen einlegen würden. «So spart man Kosten».
«Diese Veranstaltung passt wunderbar in unsere Kampagne ‚Marsch
aus den Institutionen – Reißt die Mauern nieder’»,
meint Elke Bartz. «Wir wollen ja Menschen dabei unterstützen,
aus Einrichtungen auszuziehen und mitten in der Gesellschaft zu leben.
Genau so wichtig ist es aber, Menschen davor zu bewahren, überhaupt
erst in Einrichtungen einziehen zu müssen, weil sie nicht alle
Alternativen der Hilfenahme kennen». Deshalb habe sie sich gefreut,
dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrerer Rehakliniken an der Veranstaltung
teilnahmen. «Aber es waren auch einige behinderte Menschen anwesend,
die im Arbeitgebermodell eine Chance zum selbstbestimmten Leben sehen
und nicht mehr in eine düstere Zukunft, mehr oder weniger isoliert
in einer Einrichtung, blicken», freut sich Bartz. Und die werde
ForseA, wo immer es gewünscht ist, unterstützen.