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Gedanken zum Jahreswechsel 2013/2014

Gedanken zum Jahreswechsel 2013 / 2014

Jetzt aber geht’s los !?

Gedanken zum Jahreswechsel 2013/2014 von Gerhard Bartz

Symbol Jahreswechsel 2013/2014Kaum zu glauben, schon wieder ist ein Jahr verstrichen. Im Hinblick auf die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention erneut ein verlorenes Jahr. Die Konvention ist in Deutschland seit 2009 geltendes Recht. Sie gliedert sich in Artikel, die sofort umsetzbar sind und in Artikel, in deren Licht das veraltete deutsche Recht beispielsweise im SGB XII neu zu interpretieren ist. Beides findet in der deutschen Politik keine Anhänger, logischerweise fehlen diese dann auch in den Reihen der Kostenträger. Erst die dritte staatliche Gewalt, die Judikative, sprich, die Rechtsprechung stellt das Recht von Menschen mit Behinderungen wieder her. Aber auch hier gibt es, meist in der unteren Instanz, noch Ausnahmen. Die interessengeleitete Falschaussage, dass die Konvention in Deutschland bereits weitgehend umgesetzt sei und keine gesetzgeberischen Forderungen nach sich ziehen müsste, stammt von der letzten großen Koalition. In den Zeiten der Opposition positionierte sich die SPD eindeutig als Anwalt der Umsetzung. Doch bereits im Koalitionsvertrag wurden als sicher geglaubte Aussagen relativiert. Ist es wirklich so, dass Recht nach Belieben ein- oder ausgeschaltet werden kann? Und falls ja, wessen Hand betätigt den Schalter? Wer sind die Menschen, die Gruppen, die entscheiden, dass Menschen mit Behinderung die Rechte aus der Behindertenrechtskonvention weiterhin vorenthalten werden?

Auch Gesetz zur Assistenz im Krankenhaus und Kur bereits überholt!

Seit Jahresbeginn 2013 gilt das Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfes auch bei Kuraufenthalten, doch wieder nur für behinderte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Dabei zeichnet sich in der Rechtsprechung ab, dass der Falschauslegung des SGB V durch die Sozialhilfeträger mittlerweile Einhalt geboten wird. Mehrere Gerichte, auch der zweiten Instanz stellten zwischenzeitlich fest, dass sich die im SGB V erwähnte Pflege ausschließlich auf die krankheitsbedingte Pflege bezieht (beispielsweise Unterstützung bei der Heilung eines Beinbruches) und keineswegs auf den Bedarf nach Leistungen nach dem SGB XII. Diese hat nach wie vor ausschließlich der bisherige Kostenträger weiter zu decken. Durch diese Argumentation wird es möglich, dass auch Kundinnen und Kunden von ambulanten Diensten oder von Anstalten die behinderungsbedingt erforderliche Unterstützung auch in Kliniken und Kureinrichtungen mitnehmen können. Auch in diesem Bereich gibt es somit das Recht, obwohl der Gesetzgeber in diesem Bereich mit Tippelschritten zurückgeblieben ist.

Reichenrecht?

Das ist ja gerade die Crux: Das Recht ist auf unserer Seite und dennoch schwer zu erreichen. Recht ist teuer. Es kostet viel Geld, das auch im Falle der gewonnenen Auseinandersetzung nicht erstattet wird. Geld ist im angesprochenen Personenkreis ohnehin in aller Regel knapp. Und es kostet Zeit. Diese ist, da die Grundlage unserer Bedarfe stets im Zusammenhang mit einer Notlage steht, auch nicht beliebig vorhanden. Wenn die Entwicklung nicht zurückgedreht wird, hilft uns auch nicht mehr, dass das Recht auf unserer Seite ist. Sollte man den Rechtsbeistand noch finanzieren können, muss bei verweigerter Bedarfsdeckung auch die Zeit bis zur Gerichtsentscheidung überbrückt werden. Denn ist man erst mal in einer Anstalt, ist das Entkommen sehr sehr schwierig.

William Geier ist immer noch nicht frei!

Womit wir bei William Geier angelangt wären. William Geier ist nach wie vor in einer Behinderteneinrichtung. Entgegen Artikel 19 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen und entgegen § 13 des SGB XII wird er vom Landeswohlfahrtsverband Hessen am Auszug gehindert. Nur weil ein Sozialrichter in Wiesbaden nicht die Behindertenrechtskonvention anwenden wollte oder konnte, versteckt sich der LWV Hessen hinter dessen Entscheidung, obwohl er aufgrund der selbstvollziehenden Wirkung des Art. 19 selbst verpflichtet wäre, diesen unmittelbar anzuwenden. Aber auch nach dem SGB XII hätte es klar sein müssen. Ein Heimaufenthalt gegen den eigenen Willen ist und bleibt unzumutbar. Nur behinderten Menschen wird auf diese Weise die Freiheit genommen. Was soll das anderes sein als Diskriminierung?

Erwartungsvoller Blick in die Anfangszeit dieser Legislaturperiode

Wir werden der Großen Koalition sehr genau auf die Finger schauen. Sollte es sich abzeichnen, dass die Absichtserklärungen nicht sofort in Aktion umgesetzt werden, müssen wir bisherige Vorgehensweisen auf den Prüfstand bringen. Wir müssen endlich lernen, mit einer Stimme und mit zuvor abgestimmten Forderungen an die Politik heranzutreten. Nur dann sind unsere Pfeile auch spitz. Wenn jeder Verband mit eigenen Forderungen auftritt, kann sich der Gesetzgeber aus einem Katalog bedienen und viele unserer Forderungen bleiben unberücksichtigt.

Das alte Spiel "Teile und herrsche" dürfen wir nicht (mehr) mitspielen. Gegen eine übermächtige große Koalition hilft nur ein gemeinsames Auftreten. Sonst erleben wir nochmals eine Legislaturperiode, in der die Politik uns zwar beschäftigt, durch Nichthandeln jedoch weiter hinhält.

Im Namen aller Vorstandskolleginnen und –kollegen wünsche ich Ihnen ein stimmungsvolles, friedliches Weihnachtsfest und ein gesundes und schönes Jahr 2014, frei von allen Assistenzsorgen.

Gerhard Bartz
ForseA-Vorsitzender

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