Eröffnung der Ausstellung
"Einmischung raushalten
- wer selbstbestimmtes Leben Behinderter behindert, verletzt die
Würde"
18.00 Uhr Zentrum für selbstbestimmtes Leben Behinderter
Kassel, Kölnische Str. 99, 34119 Kassel mit Lesung von Elke Bartz und
einer Einführung durch Birgit Nabben
Veranstalter: ISL e.V., Verein zur Förderung der Autonomie
Behinderter - fab e.V.
Kasseler Behindertenbeirat
Kontakt:
Tel. 0561 72885-46
Email: islkassel@aol.com
"Einmischung raushalten - wer selbstbestimmtes Leben Behinderter behindert,
verletzt die Würde"
lautet der Titel eines beeindruckenden Bilderausstellung im Kassler Zentrum
der Interessenvertretung selbstbestimmt Leben, ISL e.V. Sie wurde von
Martina Puschke, Geschäftsführerin der ISL am 28. Februar 2001 eröffnet.
Birgit Nabben berichtete über den Hintergrund der 1992 ins Leben gerufenen
Wanderausstellung. Sie handelt von der Würde der (behinderten) Menschen, die
allzu leicht und allzu häufig verletzt wird, wenn diese Menschen auf
Hilfeleistungen angewiesen sind.
Ergänzt wurde die Eröffnung von Elke Bartz, die im Rahmen der
Veranstaltungsreihe "Behinderte on Tour - für mehr Menschenwürde in der
Pflege" die Erfahrungen zweier Leipziger Schwestern vortrug. Unter dem Titel
"Leipziger Allerlei - Eine unendliche Geschichte!?" hatte Isolde, eine von
zwei an Muskeldystrophie erkrankten Schwestern, berichtet, wie dornig der
Weg zum Arbeitgebermodell für sie beide war. Vom ersten Hören vom
Arbeitgebermodell bis zur Umsetzung vergingen fast vier Jahre, die von
vielen Diskriminierungen und Demütigungen seitens der Verwaltung und des
Verwaltungsgerichts geprägt waren. Dementsprechend beeindruckt waren die
mehr als 30 Zuhörerinnen, die der Lesung gebannt folgten.
Die große Resonanz und viele Fragen zum Arbeitgebermodell nach der Lesung
zeigten das Interesse an Alternativen zur Sicherung des Hilfebedarfs. Knapp
80 Jahre war die älteste Teilnehmerin, die im Arbeitgebermodell eine
sinnvolle Möglichkeit in der Unterstützung bei der Pflege ihres behinderten
Mannes sah.
Viele bekräftigten zudem, dass die Lesung ermutigend war und deutlich
zeigte, wie wichtig es ist, selbstbewusst seine Rechte einzufordern und
durchzusetzen und wie wichtig dabei die Beratung durch entsprechende
Selbsthilfeorganisationen sein kann.
Redebeitrag von Anita Grießer und Birgit Nabben zur Eröffnung der
Fotoausstellung "Einmischung raushalten - Wer selbstbestimmtes Leben
behindert, verletzt die Würde" im Zentrum für selbstbestimmtes Leben
Behinderter Kassel am 28.2.01
Sehr geehrte Gäste. liebe Kolleginnen und Kollegen,
Die Fotoausstellung "Einmischung raushalten - Wer selbstbestimmtes Leben
behindert, verletzt die Würde", deren Bilder und Texte Sie im Verlaufe
dieses Abends noch auf sich wirken lassen können, entstand während der
nordrheinwestfälischen Kampagne des "Paritätischen" "Gemeinsam handeln gegen
Gewalt in den Jahren 1993 -95. MitarbeiterInnen des Kölner Zentrums für
selbstbestimmtes Leben sowie Mitglieder des Pulheimer Vereins zur Assistenz
Behinderter wollten einen inhaltlichen Beitrag leisten. (Anita Grießer war
damals Mitarbeiterin des Kölner ZsL's und ich war Mitglied im Pulheimer
Assistenzverein) Viele Ideen wurden diskutiert, auf ihre Umsetzbarkeit hin
überprüft und wieder verworfen. Uns allen gefiel am Ende am allerbesten die
Idee zusammen eine Fotoausstellung zu machen.
Die Thematik Gewalt in der Pflege schien uns mehr denn je geeignet ein
weitgehendst verleugnetes Thema aufzugreifen.
Nach zahlreichen Diskussionen und Vorbereitungstreffen wurde uns klar, dass
jede Form von Abhängigkeit und ungleichem Machtverhältnis den Nährboden für
Gewalt bildet. Abhängig zu sein bedeutet u.a. auf die Fähigkeit und die
Bereitschaft des anderen zu versorgen zu vertrauen und sich den Belangen des
anderen unterzuordnen aus Angst nicht versorgt zu werden. Für den Bereich
der Pflege haben wir drei Formen von Gewalt beschrieben.
- physische Gewalt, z.B. grobe Pflege, Schläge oder gar sexueller Mißbrauch;
- psychische Gewalt, z.B. Mißachtung, Beschimpfung, Androhung von Strafe
bzw. Nichterfüllung der Pflegeleistung
- strukturelle Gewalt, z.B. durch Organisations-, Personal- und Finanzzwänge
ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen, Kosten-Nutzen Rechnung der
Kostenträger.
Aus der Vielzahl von Lebenssituationen, in denen Pflege notwendig ist, haben
wir in Zusammenarbeit mit einem Fotografen und Grafiker folgende
Gewalterfahrungen in Bild und Text umgesetzt:
- Pflege im Heim;
- Pflege in der Familie;
- Pflege von Frauen durch Männer sowie der häufige Wechsel von
Pflegepersonen und der
- Umgang mit Behörden.
Heute wie damals sind wir uns darüber im klaren, dass die Fotoausstellung
nur exemplarisch und ausschnittartig Aspekte von Gewalt in der Pflege
darstellen kann. Sowohl auf die Ursachenanalyse, also wie Gewalt entsteht,
als auch auf abschliesssende Lösungsansätze mussten wir verzichten.
Heute wie damals geht es uns vor allem darum mit den Bildern und Texten,
Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung, Pflegende und
pflegeabhängige Menschen für dieses Tabuthema zu sensibilisieren. Heute wie
damals zeigt sich, dass dies notwendig ist und bleibt, denn
- ambulante Pflege wird vielfach nicht mehr finanziert, weil dies mit
"unverhältnismäßigen Mehrkosten" verbunden ist;
- es gibt (noch) keinen Rechtsanspruch auf Pflege von Frauen durch Frauen
und
- auch das Recht auf selbstbestimmte Assistenz, beispielsweise im Rahmen des
Arbeitgebermodells ist noch in keinem Gesetz als Norm verankert.
Im Oktober letzten Jahres rief Isl e:V. die Assistenzkampagne in's Leben um
auf diese immer noch aktuellen Mißstände in der Pflege von Menschen mit
Behinderung aufmerksam zu machen, zu gemeinsamen Aktionen und
Veranstaltungen aufzurufen und Ideen und Forderungen zur Verbesserung in
Politik und Verwaltung zu bringen. In diesem Sinne hoffen wir, dass die
Ausstellung aufmerksam macht, zum Nachdenken anregt und ihren Teil dazu
beiträgt, dass sich die Situation in der Pflege behinderter Menschen positiv
verändert.
Vielen Dank!
Anita Grießer und Birgit Nabben
Verein zur Foerderung der Autonomie Behinderter - fab e.V.
Koelnische Str. 99
34119 Kassel
Tel. 0561 / 72885-35
fax: 0561 / 72885-29
Kassel, den 27. Februar 2001
Presseinformation
Fotoausstellung mit Rahmenprogramm zur Selbstbestimmung Behinderter
Unter dem Titel "Einmischung raushalten - Wer selbstbestimmtes Leben
behindert, verletzt die Würde" wird am Mittwoch, den 28. Februar 2001 um
18.00 Uhr eine Ausstellung zur Situation Behinderter im Bereich der Pflege
im Kasseler Zentrum für selbstbestimmtes Leben Behinderter in der Kölnischen
Str. 99 eröffnet. Die Ausstellung, die bis zum 31. März mit seinen
lebensgroßen Porträts montags bis donnerstags zwischen 10.00 und 16.00 Uhr
zu sehen ist, wird von einem Rahmenprogramm begleitet und von Elke Bartz,
der Vorsitzendes des Forums selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen
eröffnet.
"Mit dieser Ausstellung wollen wir einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit
Fragen der Pflege behinderter Menschen leisten und dafür werben, dass die
Selbstbestimmung Behinderter zur obersten Maxime der Behindertenarbeit und
des Umgangs Miteinander wird," erklärte Georg Riester vom Ambulanten
Hilfsdienst des Vereins zur Förderung der Autonomie Behinderter - fab e.V.,
der die Ausstellung und das Rahmenprogramm zusammen mit der
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland - ISL e.V.
initiiert hat.
Neben der Ausstellungseröffnung mit Elke Bartz, die zur Zeit eine Tour durch
über 20 deutsche Städte für Menschenwürde in der Pflege durchführt, werden
in vier Veranstaltungen bis Ende März Fragen erörtert, die sich mit der
Organisation einer möglichst selbstbestimmten Assistenz beschäftigen. Am
8.3. wird die Assistenzkampagne der ISL vorgestellt, am 15.3. wird der Film
Pashion Fish gezeigt, am 22.3. wird das Arbeitgebermodell vorgestellt und am
29.3. geht es um ein Leben mit Assistenz. Alle Veranstaltungen finden um
19.30 Uhr im Zentrum für selbstbestimmtes Leben Behinderter statt. Nähere
Informationen zu den geplanten Veranstaltungen und zur Ausstellung erteilt
Georg Riester vom fab e.V. unter Tel. 0561/72885-35.
Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen - ForseA e.V.
Nähere Infos erteilen Elke Bartz unter 07938/515 oder Ottmar Miles-Paul unter 0561/9977172.
Presseinformation
Tour für Menschenwürde in der Pflege macht auch Station in Hessen
Mit einer "Tour für Menschenwürde in der Pflege" werben behinderte Menschen
seit Anfang Februar bis Ende Juni für mehr Selbstbestimmung und Würde in der
Pflege von behinderten und älteren Menschen und führen eine Vielzahl von
Informationsveranstaltungen in mehr als 20 Städten Deutschlands durch. Am
28.2.01 macht die Rollstuhlfahrerin Elke Bartz auf ihrer Tour auch in Hessen
Stopp und eröffnet um 18.00 Uhr im Zentrum für selbstbestimmtes Leben
Behinderter, Kölnische Str. 99, eine Ausstellung unter dem Motto
"Einmischung raushalten - wer selbstbestimmtes Leben behindert, verletzt die
Würde".
"Wir haben uns zu dieser Tour entschlossen, weil viele behinderte Menschen
und deren Angehörige noch nicht wissen, welche praktischen und rechtlichen
Möglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen, um die Hilfen und Pflege
menschenwürdiger und selbstbestimmter zu gestalten. So leben viele
behinderte Menschen immer noch in menschenunwürdigen Verhältnissen,"
erklärte Elke Bartz, Vorsitzende des Forums selbstbestimmter Assistenz
behinderter Menschen. Bartz, die von Anfang Februar bis Ende Juni immer
wieder auf Tour gehen wird, weiß wovon sie spricht. Sie zeigt an ihrem
eigenen Beispiel, was möglich ist. Die 45jährige Elektrorollstuhlfahrerin
aus Mulfingen in Baden Württemberg ist seit ihrem Unfall vor 25 Jahren
selbst auf umfassende Unterstützung im Alltag angewiesen und hat es
durchgesetzt, dass sie im Rahmen des Arbeitgebermodells ihre Hilfen selbst
organisieren und dadurch wesentlich flexibler leben kann. Die bisher
geplanten Veranstaltungen im Rahmen der Tour reichen von Podiumsdiskussionen
und Informationsveranstaltungen, über eine Hotline zu Fragen zur
Pflegeversicherung und Beratungsangeboten, bis zu Schulungskursen und der
Ausstellungseröffnung in Kassel.
"Mit dieser Tour wollen wir aber nicht nur beraten, sondern auch Beispiele
sammeln, die deutlich machen, welche Ausgrenzungen behinderte Menschen, die
auf Hilfen im Alltag angewiesen sind, im Deutschland des 21. Jahrhunderts
noch erleben und welche Lücken die bestehenden Gesetze bzw. deren Umsetzung
noch aufweisen. Diese Ergebnisse dokumentieren wir und stellen sie am Ende
der Tour Abgeordneten des Deutschen Bundestages in Berlin vor," so Elke
Bartz zum Ziel der von der Aktion Mensch und einer Reihe weiterer Sponsoren
geförderten Tour.
Informationsveranstaltung
Beratung für Behinderte zum Assistenzmodell
aus Hessisch Niedersächsische Allgemeine vom 27.2.01 S. 7
Wenn Behinderte ein selbstbestimmtes Leben führen wollen, sie aber auf
dauerhafte Hilfe angewiesen sind, gibt es eine Alternative zur Betreuung
durch einen Zivildienstleistenden. Dieses Assistenzmodell, bei dem
Behinderte als Arbeitgeber für eine Pflegekraft auftreten, wird am Mittwoch,
28. Februar in Kassel vorgestellt. Elke Bartz, eine querschnittgelähmte
Rollstuhlfahrerin und Vorsitzende des Forums selbstbestimmter Assistenz
behinderter Menschen (ForseA) wird Betroffene informieren, und zwar
anlässlich der Ausstellung "Einmischung raushalten" im Zentrum für
selbstbestimmtes Leben Behinderter, Kölnische Straße 99, Kassel. Beginn der
Veranstaltung ist um 18.00 Uhr.
Viele Behinderte, die rund um die Uhr Pflege brauchen, leben in
Heimeinrichtungen oder werden von ihren - oftmals überforderten - Familien
betreut. Behinderte, die in einer eigenen Wohnung leben wollen, können mit
dem sogenannten Arbeitgebermodell ihre eigene Assistenz sichern und schaffen
gleichzeitig einen Arbeitsplatz. Wie das Assistenzmodell verwirklicht werden
kann, darüber kann Elke Bartz am Mittwoch Auskunft geben.
(kol)
Zu Gast in Kassel
Elke Bartz - Arbeitgeberin
aus Hessisch-Niedersächsische Allgemeine, Kassel 02.03.2001
KASSEL · Rasch ein Stück Traubenzucker und dann ab zum nächsten Termin. Die
Zeit will genutzt sein. Und dennoch, ein "missionarisches
Sendungsbewusstsein" gehe ihr ab, betont Elke Bartz im vorangehenden
Gespräch. Die Rollstuhlfahrerin will lediglich informieren, Mut machen,
Behinderte darin bestärken, auf die Wahrung ihrer Menschenwürde zu bestehen
und dabei einen anderen, einen noch immer ungewöhnlichen Weg zu wagen.
Fünf Monate tourt die in Baden-Württemberg lebende Querschnittgelähmte durch
die Bundesrepublik, besucht 20 Städte, stets begleitet von ihrer
Assistentin, die sie rund um die Uhr betreut. Das Besondere daran: Elke
Bartz ist Arbeitgeberin der 22-jährigen Helferin. Und genau um dieses Modell
geht es bei der Kampagne für Menschen, die "bei allen Verrichtungen des
täglichen Lebens Hilfe durch andere'' benötigen, wie es im Amtsdeutsch
heißt.
Der 7. August 1990 hat sich Elke Bartz tief ins Gedächtnis gebrannt.
Plötzlich stand sie ohne "ihren" Zivildienstleistenden da. Die Dienstzeit
dieser Helfer war spürbar verkürzt worden. Das selbstbestimmte Leben, das
sich die gelernte Verkäuferin nach ihrem schweren Autounfall als 20-Jährige
unendlich mühsam erkämpft hatte, schien abrupt zu Ende zu sein. Nur mit
großer Willenskraft und reduzierter Hilfe von außen kam sie fortan über die
Runden.
1991 hörte sie von dem "Arbeitgebermodell". Inzwischen praktizieren es knapp
2000 Schwerbehinderte. "Es könnten weitaus mehr sein", sagt Elke Bartz,
Vorsitzende des Forums selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V.
(ForseA). Gerade weil die Zahl der Zivis stark zurückgegangen sei, drohe
Behinderten, die auf eine Rundum-Betreuung angewiesen seien, die Einweisung
in ein Heim.
"Das kann das Arbeitgebermodell verhindern, ist allerdings für die
Kostenträger teurer als die frühere Zivibetreuung", erklärt die
Rollstuhlfahrerin. Sie musste sich ihre Assistentin in deren Eigenschaft als
Arbeitnehmerin per Gerichtsurteil erkämpfen.
Doch mit diesem persönlichen Erfolg gibt sich Elke Bartz nicht zufrieden,
will andere auf diese Möglichkeit aufmerksam machen. So auch durch den
Infoabend bei der in Kassel ansässigen Interessenvertretung Selbstbestimmt
Leben in Deutschland e.V. Dort wartet man schon auf die Referentin. Und die
ist voller Tatendrang.
(Text/Foto: Erhard Heidrich)
Kasten
Elke Bartz (45) hat mit ihrer Assistentin, die sie rund um die Uhr betreut,
einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Für dieses Modell wirbt sie bei einer
fünfmonatigen Tour durch die Republik.