Selbstverständlich selbstbestimmt!- Symposium zur aktuellen
Diskussion: Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderungen
11.00-17.00 Uhr in der Hochschule Zittau/Görlitz,
Brückenstr. 1, 02826 Görlitz mit Elke Bartz, MdB Dr. Ilja Seifert
u.v.m.
Veranstalter: Diakonie-Sozialwerk Lausitz in Kooperation mit der
Hochschule Zittau/Görlitz
Kontakt: Beate Gostincar
Tel. 03581-387539
E-Mail:
mail@dsw-lausitz.de
Symposium an der Hochschule Zittau/Görlitz
"Selbstverständlich Selbstbestimmt" lautete der Titel des
Symposiums zum Thema "Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderungen"
veranstaltet vom Diakonie-Sozialwerk Lausitz
Nach der Begrüßung von Helmut A. Walther, Vorstandsmitglied
des Diakonie-Sozialwerkes Lausitz und Prof. Dr. Joachim Schulze, Dekan des
Fachbereiches Sozialwesen der Hochschule Zittau/Görlitz, führte
Christina-Silvia Schwarz ins Thema ein. Dipl.Heilpädagogin Schwarz leitete
eine einjährige Projektgruppe, die sich mit der Assistenz für
behinderte Menschen auseinander setzte.
Mit Konstanze Fiedler, Sylvia Reisky und Cordula Schubert stellten drei
Vertreterinnen der Projektgruppe eindrucksvoll dar, wie schwierig und komplex
das Thema ist. Verständlicherweise konnte lediglich eine Bestandsaufnahme
erstellt werden. Selbst nach einem Jahr intensiver Arbeit wurde deutlich, wie
viele (Detail-)kenntnisse nötig sind, um nach dem Studium in der Praxis
effektiv und umfassend beraten zu können. Doch eines war allen
ProjektteilnehmerInnen deutlich geworden, nämlich dass es keineswegs
selbstverständlich ist, selbstbestimmt zu leben, wenn man auf
Hilfeleistungen angewiesen ist.
Eine Weiterführung des Projektes im kommenden Wintersemester zur
Vertiefung der Kenntnisse ist daher sehr begrüßenswert.
Aus der Praxis berichteten Elke Bartz vom Forum selbstbestimmter
Assistenz behinderter Menschen (ForseA), Oswald Utz (ForseA und Verbund
behinderter ArbeitgeberInnen, VbA aus München) und Dr. Ilja Seifert (MdB
aus Berlin). Die Drei sind selbst auf umfangreiche Assistenz angewiesen,
können also aus eigener Erfahrung und den Erfahrungen ihrer diversen
Tätigkeiten berichten.
Bartz stellte an Hand diverser Fallbeispiele aus ihrer Tätigkeit
als Beraterin dar, wie die Situation assistenznehmender Menschen in Deutschland
derzeit ist. Sie zeigte die Probleme fremdbestimmter Hilfen und die
Einschränkungen der Lebensqualität durch die Fremdbestimmung auf.
Utz hingegen konnte berichten, dass es behinderte Menschen in
München, zumindest im Vergleich zu vielen anderen Orten, relativ einfach
haben, ihre Ansprüche auf Assistenz umzusetzen. In München herrscht
jedoch ein akuter Mangel an potenziellen AssistentInnen, so dass es sehr
schwierig ist, genügend geeignete Helferinnen zu finden. Für
diejenigen, die zwar mit persönlicher Assistenz nach dem Arbeitgebermodell
leben wollen, aber korrekte Lohnabrechnungen nicht erstellen können oder
wollen, bietet der VbA als besondere Dienstleistung einen
Lohnabrechnungsservice an.
Seifert berichtete über die parlamentarische Arbeit und wie schwer
es ist, Leistungsverbesserungen für behinderte Menschen politisch
durchzusetzen. Dies gilt insbesondere, wenn diese Verbesserungen mit Kosten
verbunden sind. Wie auch die anderen ReferentInnen betonte er, dass die
Umsetzung persönlicher Assistenz weder von der Art der Behinderung, noch
vom Alter abhängig gemacht werden darf. Vielmehr gilt es, die jeweiligen
Bedürfnisse und Situationen der Betroffenen zu berücksichtigen. - Er
forderte die Projektteilnehmerinnen auf, bei der Weiterführung des
Projektes nicht nur zu analysieren, sondern auch zu hinterfragen,
Lösungsmöglichkeiten für vorhandene Probleme aufzuzeigen und den
PolitikerInnen anzutragen.
Norbert Berentz vom Sozialverband Deutschland erläuterte die
aktuelle Rechtssituation bei der Finanzierung von Assistenz und anderen
Hilfeleistungen. Ebenso ging er auf das für den 1.7.2001 geplante SGB IX
ein. Die TeilnehmerInnen des Symposiums waren sehr verwundert und konnten nicht
nachvollziehen, warum im SGB IX die soziale Teilhabe, entgegen aller
Ankündigungen, keinesfalls berücksichtigt, geschweige denn gesichert
wird. Lediglich das Recht auf Arbeitsassistenz wird manifestiert, doch auch
dieses nur in begrenztem Umfang.
In den jeweiligen Diskussionsrunden wurde deutlich, wie schnell Begriffe
regelrecht missbraucht werden. So sind nicht alle Hilfeleistungen auch
gleichzeitig Assistenzleistungen. Von Assistenz kann immer nur dann gesprochen
werden, wenn diese die Selbstbestimmung der behinderten Menschen
(weitestgehend) wahrt. Andere Hilfeleistungen, zum Beispiel durch einen
ambulanten Dienst, sind jedoch in der Regel mehr oder weniger gute
Hilfeleistungen, weil sie den KundInnen keinen Freiraum zur Gestaltung des
Tagesablaufes, der Auswahl der Helferinnen usw. lassen.
Zwar gibt es auch heute schon rechtliche Voraussetzungen für die
Umsetzung persönlicher Assistenz, doch müssen diese Rechte
häufig erst bei den Gerichten bestritten werden. Außerdem
degradieren sie behinderte Menschen und ihre Angehörigen zeitlebens zu
Sozialhilfeempfängern, wenn Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz in
Anspruch genommen werden müssen (es gilt auch hier das
Nachrangigkeitsprinzip). So war es nicht verwunderlich, dass auch bei dieser
Veranstaltung und dem Ausblick in die Zukunft die Forderungen nach einem
eigenen Leistungsgesetz laut wurden.