Bundesverband
Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V.


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Dresden (03. Mai 2001)

Pflege, Assistenz und Menschenwürde
14.00 - 16.00 Uhr im Vitalcenter, Fetscherstr. 70 in Dresden
Vortrag von Elke Bartz mit Diskussion und anschl. Gesprächsmöglichkeit

Veranstalter: Lebendiger Leben e.V. - Verein zur Förderung selbstbestimmten Lebens von Frauen und Mädchen mit Behinderungen in Sachsen,
Tel. u. Fax: 0351-4969339

Selbstbestimmt mit Assistenz
19.00 Uhr im Seminarraum An der Kreuzkirche 6 (Am Altmarkt) in Dresden
Veranstalter: Verband der Körperbehinderten der Stadt Dresden e.V.
Kontakt über den Verband der Körperbehinderten, Elke Kunerth, Tel. 0351/4724942 oder 0351/4710480 E-Mail: vkdd-ev@web.de

"Selbstbestimmt mit Assistenz"

ein knapper Titel für ein facettenreiches Thema zu dem der Verband der Körperbehinderten der Stadt Dresden e.V. am Abend des 3. Mai eingeladen hatte. Mit rund 20 Teilnehmerinnen war es bewusst eine relativ kleine Runde, die sich im Seminarraum der Kreuzkirche zu Dresden zusammenfand. Dadurch kam jedoch eine besonders intensive Diskussion zustande. Zunächst hatte Elke Bartz anhand ihres eigenen "Weges zum Arbeitgebermodell" dargestellt, welche Vorteile, Selbstbestimmung, Flexibilität und damit verbunden Lebensqualität sie dadurch gewonnen hat. Sie hat selbst fünf Jahre "Heimkarriere" hinter sich, kennt die Unterstützung durch Zivildienstleistende, die strukturellen Probleme mit ambulanten Diensten und die, wenn auch in ihrem Fall nur punktuelle, Abhängigkeit von Familienangehörigen. Erst die persönliche Assistenz ermöglicht ihr ein "normales" Leben, in dem sie selbst ihren Alltag bestimmt, wie es jeder nichtbehinderte Mensch auch macht.

Dass ihre Lebensgeschichte in vielen Bereichen denen der Anwesenden gleicht, bestätigte sich in den Reaktionen. Nur in Sachen persönlicher Assistenz müssen diese (noch) passen. Selbstbestimmung ist für die meisten noch ein Fremdwort. Wie auch bei vielen anderen Veranstaltung im Rahmen der Assistenztour zuvor, gab es für viele regelrechte "Aha-Erlebnisse". Dabei ist es immer wieder erschütternd, die Berichte von Verletzungen der Menschenwürde und teils drastischen Unterversorgungen registrieren zu müssen. Sicher gibt es auch in den sogenannten alten Bundesländern noch viele, die sehr eingeschränkt und unwürdig leben (müssen). Doch betonten einige Anwesende, dass sie aus ihrer früheren Lebensgeschichte aus Zeiten der DDR heraus nicht gelernt haben, Selbstwertgefühl zu entwickeln. Auch mehr als zehn Jahre nach der Wende mangelt es noch daran, gegen Lebenssituationen aufzubegehren und zustehender Rechte einzufordern (was sicher nicht "behinderungsspezifisch" ist). Damit decken sich die Aussagen mit vielen zuvor gehörten aus anderen Bereichen der sogenannten neuen Bundesländer.

Nach der Wende wurde die Chance verpasst, in wirklich gute ambulante Strukturen oder gar in die persönliche Assistenz zu investieren. Vielmehr wurden fremdbestimmende Versorgungsmöglichkeiten wie u.a. stationäre Einrichtungen gefördert. Also in Angebote, die nur sehr wenige auf Hilfe angewiesene Menschen tatsächlich wünschen und die mehr ihren Betreibern als den behinderten Menschen nutzen. Gefragt wurden letztere dabei nicht.

Der erste Schritt der Entwicklung muss also die Stärkung des Selbstbewusstseins sein. Weiterhin notwendig sind gute Beratungsangebote und Schulungen über Hilfsmöglichkeiten - insbesondere auch zum Arbeitgebermodell - und über die schon längst vorhandenen Rechte, über die auf Assistenz Angewiesene verfügen.

Für einige Anwesende zeigte sich endlich eine für sie akzeptable und auch bedarfsdeckende Möglichkeit auf, als junger erwachsener Mensch die Zukunft zu planen und das Elternhaus verlassen zu können. "Jetzt weiß ich endlich, dass ich wie jeder andere junge Mensch ausziehen kann und nicht bis ins Alter von meinen Eltern versorgt werden muss," zieht eine junge Frau Bilanz über das Gehörte.

Die Organisatoren des Verbandes der Körperbehinderten zeigten sehr daran interessiert, ein solches Beratungsangebot aufzubauen und künftig zur Verfügung zu stellen, damit Selbstbestimmung und ein gleichberechtigtes Leben in der Gesellschaft keine unerfüllten Zukunftsträumereien bleiben.

"Pflege, Assistenz und Menschenwürde"

unter diesem Titel veranstaltete "Lebendiger leben" e.V., ein Verein zur Förderung selbstbestimmten Lebens von Frauen und Mädchen in Sachsen, einen Vortrag mit Diskussionsrunde. Neben gut 30 Frauen jeglichen Alters fanden auch zwei Männer den Weg ins sogenannte Vitalcenter, in dem die Veranstaltung stattfand.

Wie in Leipzig berichtete Elke Bartz über die Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch persönliche Assistenz. Auch hier gab es etliche Zuhörerrinnen, die erstmals von dieser Möglichkeit hörten. Interessiert fragten sie, wie sich das Arbeitgebermodell praktisch umsetzen lässt. Wo finde ich Assistentinnen? Wie gründe ich einen Betrieb und finanziere das Arbeitgebermodell? Wie kann ich überhaupt korrekte Lohnabrechnungen machen? lauteten einige der vielen konkreten Fragen. Und was können Selbsthilfeorganisationen als Unterstützung leisten? fragten die Aktivistinnen von "Lebendiger leben". Dabei wurde deutlich, dass es sich viele Frauen sehr gut vorstellen können, mit persönlicher Assistenz zu leben, sie aber noch unsicher sind, ob sie die Pflichten einer Arbeitgeberin nachkommen können.

Sicherheit und Unterstützung könnte der Verein bieten, indem er Beratung durch entsprechend geschulte Beraterinnen anbietet. Als Service wäre die Übernahme von Lohnabrechnungen - wie es schon der Verbund behinderter Arbeitgeberinnen und die Vereinigung Integrationsförderung in München, sowie das Zentrum für selbstbestimmtes Leben in Mainz anbieten - denkbar.

Ebenfalls als begrüßenswert sahen es sowohl die Teilnehmerinnen als auch die Organisatorinnen an, wenn Schulungsmöglichkeiten auf regionaler und überregionaler Ebene sowohl für Beraterinnen als auch für potenzielle Arbeitgeberinnen geschaffen würden. "Niemand wird als behinderter Arbeitgeber geboren," meint Elke Bartz dazu. "Doch Kompetenzen wie Anleitungs- und Finanzkompetenz können durchaus erlernt werden. Mit der entsprechenden Anleitung und Unterstützung eignen sich viel mehr Menschen für das Leben mit persönlicher Assistenz, als allgemein angenommen wird. Und ich kenne noch niemanden, der diesen Schritt zur Selbstbestimmung und Eigenverantwortung bereut hat".

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