Abschlußveranstaltung der Tour und der Assistenzkampagne in Berlin.
Ausschreibung für die Abschlussveranstaltung der Tour in Berlin
ISL e.V.
Kölnische Straße 99
34119 Kassel
Telefon 0561/7288551 Fax 0561/7288558
Email: mspoerke@isl-ev.org
http://www.isl-ev.org
SOZIALPOLITISCHE TAGUNG
LEBEN MIT ASSISTENZ
ERFAHRUNGEN, IDEEN UND VISIONEN
der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland - e.V. ISL-
und des Forums selbstbestimmter Assistenz behinderter - ForseA e.V.-
am 28./29. Juni 2001 in Berlin
LEBEN MIT ASSISTENZ - ERFAHRUNGEN, IDEEN UND VISIONEN
Seit Oktober 2000 läuft die Assistenzkampagne der Interessenvertretung
Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. -ISL-. Ãœber 40 Organisationen,
Verbände und Vereine beteiligten sich mit Informationsveranstaltungen,
Tagungen, Protestaktionen und vielem mehr an der bundesweiten Kampagne.
Ebenso läuft seit Februar 2001 die Assistenztour vom Forum für
selbstbestimmte Assistenz -ForseA e.V.- mit großem Erfolg.
Als Schlusspunkt der Aktivitäten veranstalten wir nun zusammen diese
zweitägige bundesweite Tagung. Im Mittelpunkt sollen verschiedene Bereiche
des täglichen Lebens mit Assistenz stehen. Unser Ziel ist es, Assistenz
einmal aus einem anderem Blickwinkel zu betrachten und Aspekte, die sonst
weniger beleuchtet werden, zu diskutieren.
Am zweiten Tag steht dann neben einem Resümee der Assistenzkampagne und der
Assistenztour, die Diskussion mit Vertretern der Politik im Mittelpunkt.
TAGUNGSABLAUF
DONNERSTAG, 28.JUNI 2001
von 12.00-18.00 Uhr im ESTA Tagungshotel, Mariannenplatz 26 in Berlin
12.00 Uhr: Begrüssung und Vorstellung der Tagungsplanung
Michael Spörke , ISL e.V.
Uwe Frevert ,Vorstand ISL e.V.
Elke Bartz ,ForseA e.V.
12.30 Uhr: Grußwort
Martin Marquardt, Landesbehindertenbe-auftragter Berlin
13.00 Uhr: Workshops
Workshop 1: Assistenz und Reisen
ReferentIn: Andi Vega, vba München (angefragt)
Workshop 2: Frauen mit Assistenz
ReferentIn: Bärbel Mickler , Autonom Le-ben Hamburg (angefragt)
Workshop 3: Assistenz und Partnerschaft
ReferentIn: Christiane Rischer, Dortmund
Workshop 4: Berufsbild Assistenz / Qualitätssicherung
ReferentIn: Birgit Stenger , Matthias Ver-naldi , asl e.V. Berlin
14.30 Uhr: Pause
15.30 Uhr: Workshops
Fortsetzung der Arbeitsgruppen
17.00 Abschlussplenum
18.00 Ende
FREITAG, 29. JUNI 2001
von 10.00 - 12.30 Uhr im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung,
Kleist Haus, Mauerstr. 53 in Berlin
Perspektiven für die Menschenwürde in der Pflege
10.00 Uhr: Begrüssung und Vorstellung des Programms
Ottmar Miles-Paul, Publizist
10.10 Uhr: Einführung ins Thema
Karl Hermann Haack, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange
Behinderter
10.30 Uhr: Die Würde des Menschen ist unantastbar
Erfahrungen aus der Assistenzkampagne
Uwe Frevert, Vorstand der ISL e.V.
Ergebnisse der Tour für Menschenwürde in der Pflege
Elke Bartz, Vorsitzende des ForseA e.V.
Herausforderungen für die Zukunft
Elke Bartz und Uwe Frevert
11.10 Uhr: Kurzstatements von Betroffenen
11.30 Uhr: Antworten der Politik
Statements der behindertenpolitischen SprecherInnen der Bundestagsfraktionen (angefragt)
12.20 Uhr: Schlußbemerkungen
von Elke Bartz und Uwe Frevert
12.30 Uhr: Ende der Veranstaltung
13.30 Uhr: Behindertenpolitische Stadtrundfahrt mit dem Info-Mobil zur
Gleichstellung Behinderter durch Berlin
"Tour für Menschenwürde in der Pflege" von ForseA und "Assistenzkampagne der ISL beenden (vorläufig) zusammen ihre beiden Veranstaltungsreihen in Berlin
Am ersten Tag der zweitägigen Veranstaltung war nach einer Begrüßung von
Michael Spörke, ISL, und einem Kurzbericht über die Assistenztour von Elke
Bartz, ForseA, die Mitarbeit in vier verschiedenen Workshops angesagt. Die
ca. 50 TeilnehmerInnen konnten zwischen den verschiedenen Themen "Assistenz
und Reisen", "Assistenz und Partnerschaft", "Frauen mit Assistenz" und
"Berufsbild Assistenz/Qualitätssicherung" wählen. Besonders großen Anklang
fand der letztere Workshop. Kein Wunder, denn es gilt, ein Berufsbild von
Assistenz zu prägen, das den Bedürfnissen behinderter Menschen entspricht,
gleichzeitig jedoch gesetzliche Vorgaben beachtet und für AssistentInnen ein
Anreiz für diese Tätigkeit bietet. Qualitätssicherung gilt zudem als eines
der Schlagworte der letzten Jahre in Sachen Pflege. Da sich die Qualität
jedoch häufig nicht an den Bedürfnissen und Vorstellungen der auf Pflege
angewiesenen Menschen orientiert, müssen Selbsthilfeorganisationen wie
ForseA und ISL einer negativen Entwicklung gegensteuern, um noch stärkeren
Qualitätsverlusten vorzubeugen bzw. diese zu beseitigen.
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Andreas Vega vom Verbund behinderter ArbeitgeberInnen, München, der die Arbeitsgruppe Reisen mit/und Assistenz leitete |
Zum Thema Reisen wurde deutlich, dass assistenznehmende Menschen in ihrer
Freizügigkeit stark eingeschränkt sind. Viele leben mit einem sehr geringen
Einkommen, das ohnehin die Reisetätigkeit sehr erschwert - und das in einer
Gesellschaft, die Mobilität ansonsten als Grundbedürfnis anerkennt.
Wer jedoch auf Assistenz angewiesen ist, sieht sich zusätzlichen Problemen
gegenüber. Eine große Reise ist kaum mit nur einer Assistenzperson zu
organisieren, insbesondere, wenn zeitlich umfangreiche Hilfen benötigt
werden. Doch kaum ein Sozialhilfeträger erkennt den durch eine Reise
entstehenden Mehrbedarf an und finanziert ihn. Nicht selten bekommen
assistenznehmende Menschen zu hören, sie könnten ja in einem Pflegeheim
Urlaub machen, das HelferInnen zur Verfügung stellt. Statt Mallorca das
Pflegeheim abseits der Gesellschaft! -
Am folgenden Tag konnten die Teilnehmerinnen der Workshops über ihre Arbeit
bei der Abschlussveranstaltung der "Assistenztour" berichten.
Bericht über die Abschlussveranstaltung der Tour für Menschenwürde in der Pflege vom 29. Juni 2001 im Kleist Haus in Berlin
Im Rahmen der, gemeinsam von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben
in Deutschland - ISL e.V. - und dem Forum selbstbestimmter Assistenz
behinderter Menschen - ForseA e.V. - organisierten, sozialpolitischen Tagung
"Leben mit Assistenz - Erfahrungen, Ideen und Visionen" fand die seit 1.
Februar laufende "Tour für Menschenwürde in der Pflege" am 29. Juni 2001
ihren Abschluss im erst am Vortag offiziell eingeweihten Kleist Haus des
Bundesministeriums für Arbeit in Berlin.
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Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Behinderten Karl-Hermann Haack (MdB) erhielt die erste Dokumentation unserer Assistenztour |
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Ca. 50 meist selbst auf Assistenz angewiesene Personen aus verschiedenen
Teilen Deutschlands waren der Einladung zu dieser Veranstaltung gefolgt und
vernahmen in der Begrüßung durch den Beauftragten der Bundesregierung für
die Belange der Behinderten, Karl Hermann Haack, dass sich dieser in Zukunft
für die Verbesserung der Situation von Menschen, die auf Assistenz
angewiesen sind, stark machen werde. Die Reform des
Schwerbehindertengesetzes und die kürzlich erfolgte Verabschiedung des
Sozialgesetzbuches IX seien erste Schritte für eine neue Behindertenpolitik,
denen nun weitere, wie die Verabschiedung des Bundesgleichstellungsgesetzes
und die Verbesserung der Situation von pflegebedürftigen Menschen folgen
müssen. Vor allem gehe es nun darum, die im SGB IX geschaffenen Regelungen,
wie z.B. das Persönliche Budget mit Leben zu füllen. Haack versprach, in
diesen Prozess die Verbände der Behinderten genau so konsequent
einzubeziehen, wie dies bei der Gesetzesentwicklung der Fall war. Vor allem
müsse die Qualität der Pflege verbessert werden. |
In einer abwechslungsreichen Veranstaltung, die von einer kurzfristig
anberaumten namentlichen Abstimmung und einem "Hammelsprung" im Bundestag
bestimmt war und Helga Kühn-Mengel sowie Katrin Göring-Eckardt von den
Koalitionsfraktionen zwang, die Veranstaltung noch vor Beginn der
Podiumsdiskussion zu verlassen, stellte Michael Spörke kurz die Ziele der
Assistenzkampagne der ISL vor. Seit Oktober 2000 wurden im Rahmen dieser
Kampagne eine Vielzahl von Aktivitäten durchgeführt, um auf diese Weise die
Probleme der Assistenz behinderter Menschen in den Vordergrund zu rücken.
Eine Initiative, die aus dieser Kampagne erwuchs, ist vor allem die "Tour
für Menschenwürde in der Pflege", die Elke Bartz, ForseA-Vorsitzende,
vorstellte. Diese führte sie und ihre Kolleginnen in fünf Monaten mit 35
Veranstaltungen durch 27 Städte Deutschlands. Die Tour sei vor allem deshalb
enorm wichtig gewesen, weil viele behinderte Menschen die Möglichkeiten der
Persönlichen Assistenz und des Arbeitgebermodells noch nicht kennen. Für den
Herbst gäbe es bereits eine Reihe von Anfragen für weitere Veranstaltungen,
so dass die Tour nun zwar offiziell zu Ende gehe, die Arbeit aber jetzt
eigentlich erst richtig beginne. Denn nun ginge es darum, die Forderungen in
die Praxis umzusetzen, so Elke Bartz.
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Auf dem Podium (v.l.n.r.) Ilja Seifert MdB, Elke Bartz, Ottmar Miles-Paul (Tourmanagement) und Michael Spörke (ISL Kassel). Nicht auf dem Foto, dennoch aktiv mit auf dem Podium: Johannes Messerschmid einer der Arbeitgeber-Pioniere vom Verbund behinderter ArbeitgeberInnen, München |
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In der Diskussion - Ilja Seifert, behindertenpolitischer Sprecher der
PDS-Fraktion hatte sich dankenswerter Weise von der Abstimmung abgemeldet
und blieb uns für die Diskussion erhalten - wurde die zukünftige
Zielrichtung schnell deutlich. Anerkennung des Arbeitgebermodells in der
Pflegeversicherung, keine Abschiebung aus Kostengründen in Anstalten und vor
allem ein Leistungsgesetz für Behinderte sind die Herausforderungen für die
Zukunft, die es durchzusetzen gilt. Denn es kann nicht sein, dass man
lediglich aufgrund der Tatsache, dass man Hilfe im Alltag benötigt, arm
gemacht und arm gehalten wird, so Elke Bartz. Ilja Seifert machte deutlich,
dass die Verbände sich ins Zeug legen müssen, wenn wir in der nächsten
Legislaturperiode ein Bundesleistungsgesetz durchsetzen wollen. Dabei dürfe
es kein Schmusekurs mit der Regierung geben, sondern wir müssten klar
formulieren, woran es hapert und dies in den Vordergrund stellen. |
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Treuester Tourbegleiter: Ihsan Özdil aus Coburg beim fünften (!) Besuch einer Tourveranstaltung |
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Auf die salopp formulierte Frage des Moderators der Veranstaltung, Ottmar
Miles-Paul, ob nun die Ochsentour durch Deutschland mit einem Hammelsprung
im Bundestag zu Ende gegangen sei, machte Elke Bartz zum Abschluss deutlich,
wie viel Spass ihr diese Tour neben dem damit verbundenen Stress gemacht hat
und wie wichtige derartige Initiativen sind. "Wir müssen die Leute vor Ort
beraten und kennen lernen, denn dort sind die Probleme zu Hause," so Bartz. |