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Bedarfsermittlung praxis- und menschengerecht

Bedarfsermittlung praxisnah und menschengerecht

Am 25. August 2008, ein halbes Jahr vor dem Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention, verstarb Elke Bartz, die Gründungsvorsitzende unseres Vereines. In der Art der Bedarfsermittlung war sie ihrer Zeit weit voraus. Sie kannte die wissenschaftliche Methode der Bedarfsermittlung, propagierte jedoch stets ihre eigene Methode. Denn die Wissenschaftler untersuchten stets, wie lange der Mensch pinkelt oder zum Aufstehen benötigt und addierten am Ende die Zeiten. Sie waren der irrgigen Ansicht, dass damit der Bedarf gedeckt sei. Heute noch geben Bedarfszeiten von beispielsweise 8,71 Stunden einen deutlichen Hinweis darauf, dass der Bedarf auf diese Weise ermittelt wurde. Der grundlegende Fehler besteht darin, dass die Zeiten zwischen den einzelnen Verrichtungen ausgeblendet blieben. Bei einer 24-Stunden-Assistenz tauchte dieser Fehler nie auf. War der Bedarf dagegen niedriger, wurde die wissenschaftliche Methode bemüht.

Im Gegensatz dazu arbeitet ForseA seit langer Zeit mit dem Begriff "verlässliche Anwesenheit". Dieser schließt automatisch die Zeiten zwischen den Verrichtungen, soweit sie unplanbar sind, stets mit ein.

Dadurch sieht die Bedarfsermittlung wie folgt aus:


Stunden
Tagesstunden
24,00
+  Zeiten mit Doppelbelegung (beispielsweise Transfer, duschen, baden)
2,00
./. Zeiten ohne Assistenz (auf eigenes Risiko, Unterstützung durch Familie oder anderen ehrenamtlichen Hilfen) 0,00
./. Zeiten mit eingeschränktem Assistenzbedarf (Bereitschaftszeiten), beispielsweise 10,00
=  Zeiten mit vollem Pflegebedarf, hier beispielsweise
16,00


Die Bezahlung der Bereitschaftszeiten war lange Zeit ein Streitthema bei den Verhandlungen mit den Kostenträgern. ForseA hat hierfür ein Schema entwickelt, das sich in manchen Verhandlungen bewährt hat. Allerdings darf es nicht starr verstanden werden. Schließlich ist ein nächtlicher Arbeitseinsatz durchaus differenziert zu betrachten. Denn es kommt schließlich auch auf die Intensität der Arbeit an.

ForseA-Schema als Anhaltspunkt für die Bezahlung der Bereitschaftszeiten:


Bezahlung in % des Stundenlohnes
Ein Einsatz in dieser Zeit ist sehr unwahrscheinlich (weniger als zehn Einsätze im Jahr)
10 bis 20 %
Ein Einsatz in der Bereitschaftszeit kommt immer mal vor (bis zu 50 Einsätze im Jahr)
30 bis 40 %
Ein Einsatz in der Bereitschaftszeit kommt öfters vor (fast jede Nacht)
50 %
Ein Einsatz in der Bereitschaftszeit kommt regelmäßig vor. Hier kann nach Einsatzwahrscheinlichkeit in dieser Zeit abgestuft werden.

- Einmal die Nacht
70 %
- zweimal die Nacht
90 %
- öfters. Hier sollte keine Abwertung mehr stattfinden, da der Erholungswert der Nacht nicht mehr gegeben ist. Die Zeit sollte also dann nicht mehr als Bereitschaftszeit abgewertet werden.
100 %


Die wissenschaftliche Methode mag in Anstalten angebracht zu sein. Dort geht es darum, dass diese Träger ihren Aufwand bezahlt bekommen. Es ist richtig, dass sie für Bewohnerinnen und Bewohner mit hohem Hilfebedarf mehr Geld bekommen als für solche mit einem niedrigen Bedarf. Dafür braucht es objektive Maßstäbe. Dennoch wird in diesen Anstalten der erzielte Gewinn und die Kostenersparnis auf dem Rücken der Bewohnerinnen und Bewohner erzielt. Sie bezahlen dies mit dem Verlust ihrer individuellen Freiheit und Lebensqualität.

Im ambulanten Bereich, egal ob mit ambulanten Diensten oder mit dem Arbeitgebermodell, haben diese Zeiten keinen Bestand. Nur mit der verlässlichen Anwesenheit der Assistenz ist es den Menschen mit Behinderung möglich, als Gleiche unter Gleichen zu leben. Wie lange wird es noch dauern, bis unsere Gesellschaft dies versteht? Erste Anzeichen gibt es mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes seit 2020.

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