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Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V.


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Urteil 010

Abdruck
Nr. W 3 E 98.1458

Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg

ln der Verwaltungsstreitsache

- Antragsteller .....
bevollmächtigt: .....

gegen
Stadt Würzburg -SHV-, vertreten durch den Oberbürgermeister, 97067 Würzburg,
- Antragsgegnerin

wegen

Sozialhilfe

hier: Antrag nach § 123 VwGO
erläßt das Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg, 3. Kammer,
durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Dr. Dünninger den Richter am Verwaltungsgericht Hoch, die Richterin Eberth,

ohne mündliche Verhandlung am 14. Dezember 1998 folgenden

Beschluß:

I.  Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 01. Dezember 1998 bis 31. Mai 1999 Hilfe zur Pflege durch Ãœbernahme der Pflegekosten in Höhe von maximal 7.230,00 DM monatlich weiter zu gewähren.

Im übrigen wird der Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

II.  Die Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller zu 1/8 und die Antragsgegnerin zu 7/8 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

1. Der am ...... geborene Antragsteller leidet seit 1989 an Multipler Sklerose. Er bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente und lebt alleinstehend in einer Zweizimmerwohnung auf dem ..... Er bedarf der Hilfe rund um die Uhr und ist schwerstpflegebedürftig i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 3 SGB XI (Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 13.06.1997). Die Pflegeleistungen wurden zunächst von der Freien Altenhilfe und ab 01.10.1997 vom Arbeiter-Samariter-Bund erbracht. Ab
16.03.1998  wurde die Pflege von „Helfende Hände" - soziale Dienste e.V. und von einer privaten Pflegekraft, Frau ..... übernommen. Nach einem Schreiben der „Helfenden Hände" an die Antragsgegnerin vom
02.04.1998  nebst einem beigefügten Kostenvoranschlag betragen die monatlichen Kosten für Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung 8.392,98 DM; hinzu kommen noch 7.200,00 DM „für die Betreuung" (wohl durch die private Pflegekraft). Die Pflegekasse der Kaufmännischen Krankenkasse gewährte zunächst Sachleistungen (häusliche Pflegehilfe) in Höhe von monatlich 2.800,00 DM, später unter Anerkennung eines Härtefalls nach § 36 Abs. 4 SGB XI in Höhe von monatlich 3.750,00 DM.

Mit Schreiben seines seinerzeitigen Betreuers und Bevollmächtigten vom 21.11.1997  ließ der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Hilfe zur Pflege beantragen. Die Antragsgegnerin gewährte zunächst keine Leistungen, weil das verwertbare Vermögen des Antragstellers (Bankguthaben, Wertpapiere) den maßgeblichen Schonbetrag (8.000,00 DM) noch überstieg.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.07.1998 wurde dem Antragsteller für die Zeit vom 01.03 bis 15.03.1998 Hilfe zur Pflege gemäß §§ 68, 69 b BSHG in Form von Ãœbernahme der angemessenen Pflegekosten des Arbeiter-Samariter-Bundes gewährt, die nicht durch Leistungen der Pflegekasse abgedeckt sind. Mit weiterem Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.07.1998  wurde dem Antragsteller ab 16:03.1998 Hilfe zur Pflege in Form von Ãœbernahme der angemessenen Pflegekosten des Helfende Hände - Soziale Dienste e.V. bzw. der Pflegekraft Frau ..... die nicht durch die Leistungen der Pflegekasse abgedeckt sind, maximal 8.180,00 DM gewährt.

Unter dem 07.10.1998 erließ die Antragsgegnerin folgenden Änderungsbescheid:

1. Die Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme der Pflegekosten des Helfende Hände Soziale Dienste e.V. bzw. der Pflegekraft Frau ..... die durch das Sozialamt der Stadt Würzburg als ergänzende Sachleistungen zu den Leistungen der Pflegekasse gewährt werden, werden für die Zeit ab 01.09.1998 bis 30.11.1998 auf maximal 7.230,00 DM mtl. festgesetzt.

2. Die in Nr. 1 bezeichnete Hilfe zur Pflege als ergänzende Sachleistungen wird für die Zeit ab 01.12.1998 bis zum Wegfall der Hilfeberechtigung auf maximal 3.719,00 DM mtl. festgesetzt.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Kaufmännische Krankenkasse gewähre seit 01.06.1998 Pflegesachleistungen in Höhe von monatlich 3.750,00 DM, die gemäß § 69c Abs. 1 Satz 2 BSHG in voller Höhe auf die zu gewährenden Pflegeleistungen durch das Sozialamt anzurechnen seien. Für die Zeit vom 01.06.1998 bis 31.08.1998 sei durch das Sozialamt. bei der Kaufmännischen Krankenkasse Erstattung auf die Erhöhung der Pflegesachleistungen angemeldet worden. Ab 01.09.1998 sei dementsprechend die Hilfe zur Pflege unter Anrechnung der erhöhten Sachleistungen der Kaufmännischen Krankenkasse neu festzusetzen. Sozialhilfe sei nach § 3 BSHG nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu gewähren. Nach § 3 Abs. 2 BSHG sei den Wünschen des Hilfeempfängers zu entsprechen, soweit sie angemessen seien und deren Erfüllung nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei. Im Fall des Antragstellers werde die Hilfe zur Pflege bisher durch häusliche Pflege sichergestellt. Jedoch gelte nach § 3a BSHG, daß offene Hilfe vor der Hilfegewährung in einer Pflegeeinrichtung nicht mehr vorrangig sei, wenn eine geeignete stationäre Hilfe zumutbar und die ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei. Zwischenzeitlich sei ermittelt worden, daß im Jakob-Riedinger-Haus, einer geeigneten stationären Pflegeeinrichtung des Bezirks Unterfranken in der Brettreichstraße 11, ein Pflegeplatz zur Verfügung stehe. Die Hilfe zur Pflege könne voraussichtlich dort im erforderlichen Urrifäng erbracht werden. Die Inanspruchnahme der stationären (statt ambulanten) Hilfe sei dem Antragsteller auch zumutbar. Hierbei komme es nicht allein auf die subjektive Sicht des Betroffenen, sondern auf die Sichtweise eines vernünftig urteilenden Menschen an Stelle des Betroffenen an, der die Inanspruchnahme der Pflegeleistungen in einem Wohnheim der ambulanten Hilfe vorziehen oder zumindest in Kauf nehmen würde. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit habe das Sozialamt insbesondere die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände des Antragstellers gemäß § 3 a Satz 3 BSHG berücksichtigt. Die Veränderung des häuslichen Umfelds durch einen möglichen Umzug in ein Wohnheim sei dem Antragsteller zumutbar, da er sich aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen vorwiegend nur im Haus aufhalten und in Begleitung durch professionelle Pflegekräfte fortbewegen könne. Da der Antragsteller alleine in der Wohnung lebe, wäre somit mit einem Umzug keine familiäre Trennung verbunden. Auch sonstige Kontakte wären nicht erschwert, da bezüglich des Jakob-Riedinger-Hauses eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr bestehe. Das vorgeschlagene Wohnheim befinde sich ebenfalls im Stadtgebiet Würzburg und sei sehr gut an die allgemeine Infrastruktur (2 Buslinien, Einkaufsmöglichkeiten, etc.) angebunden. Das Wohnheim sei insbesondere auch für Rollstuhlfahrer geeignet. Um die Verhältnismäßigkeit der Mehrkosten für die ambulante Pflege beurteilen zu können, seien die monatlich anfallenden Kosten bei einer Unterbringung im Jakob-Riedinger-Haus ermittelt worden. Der Pflegesatz betrage täglich 272,10 DM, jedoch einschließlich eines Anteils in Höhe von 68,03 DM für Unterkunft und Verpflegung. Dieser Anteil betreffe den laufenden Lebensunterhalt und wäre durch das Einkommen des Antragstellers und ggf. ergänzend, durch Hilfe zum Lebensunterhalt durch den Sozialhilfeträger zu decken. Für den Anteil der Hilfe zur Pflege verbleibe daher ein Tagessatz von 204,07 DM, d.h. monatlich 6.224,14 DM. Abzüglich der vorrangigen Leistungen der Pflegekasse verbleibe somit ein Aufwand aus Sozialhilfemitteln für Hilfe zur Pflege in Höhe von monatlich 2.474,14 DM. Nach der Rechtsprechung könnten unverhältnismäßige Mehrkosten in aller Regel angenommen werden, wenn die Kosten der ambulanten Pflege diejenigen einer stationären Heimpflege um mehr als das Doppelte übersteigen. Der Pflegekostenaufwand für die Sozialhilfe in Höhe von derzeit 7.230,00 DM könnte bei Inanspruchnahme der stationären statt der ambulanten Pflege auf 2.474,14 DM verringert werden. Damit könne dem Wunsch des Antragstellers auf ambulante Hilfe zur Pflege aufgrund der unverhältnismäßigen Mehrkosten nicht mehr entsprochen werden. Es bleibe dem Antragsteller unbenommen, sich um einen Platz in einer anderen unterfränkischen Einrichtung zu bemühen oder weiterhin seine Pflege durch ambulante Hilfe sicherzustellen. Jedoch könne ihm nur noch der Kostenbeitrag gewährt werden, der bei einer stationären Pflege aus den Mitteln der Sozialhilfe aufgebracht werden müßte. Als Frist für die Entscheidung und eventuelle Änderung der Pflegeleistungen werde die bisherige Hilfe bis zum 30.11.1998 in voller Höhe weitergewährt. Bei der Entscheidung nach § 4 Abs. 2 BSHG sei das Interesse des Antragstellers gegenüber dem Interesse des Gemeinwohls abgewogen worden. Der Pflegebedarf des Antragstellers könne auch in gleich geeigneter Weise in einer stationären Einrichtung sichergestellt werden. Um beim Hilfebezug auf einen wirtschaftlichen, sparsamen und effektiven Einsatz der öffentlichen Mittel hinzuwirken, sei es erforderlich, die bisherige gewährten Pflegesachleistungen zeitlich zu begrenzen und in ihrer Höhe neu festzusetzen. Um den Wunsch nach ambulanter Hilfe Rechnung zu tragen, sei der Hilfesatz um 20 % erhöht worden. Somit errechne sich für die Zeit ab 01.12.1998  folgende maximale Hilfeleistung, falls der Antragsteller weiterhin keine stationäre Hilfe in Anspruch nehmen möchte:

Kosten einer möglichen stationären Hilfe: 6.224,14 DM
Zuschlag für angemessene Mehrkosten im ambulanten Bereich in Höhe von 20 %: 1.244.83 DM
Summe Bedarf: 7.468,97 DM
Abzüglich Pflegeleistungen der Pflegekasse: 3.750.00 DM
Maximaler Hilfeanspruch (gerundet) im Rahmen der Hilfe zur Pflege: 3.719,00 DM

Gegen den Bescheid vom 07.10.1998 erhob der nunmehrige Betreuer und Bevollmächtigte des Antragstellers am 03.11.1998 Widerspruch und trug zur Begründung im wesentlichen vor: Die Leistung der Antragsgegnerin könne für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.1998 nicht auf 7.230,00 DM gekürzt werden. Der Bescheid vom 28.07.1998 sei bestandskräftig, enthalte keinen Vorbehalt und habe eine Hilfe neben den Leistungen der Krankenkasse bewilligt. Der Abteilungsleiter des Sozialamts selbst habe angeregt, die Anwendung der Härtefallregelung zu beantragen. Der Bescheid vom 28.07.1998  sei deshalb in Kenntnis der zu erwartenden Mehrleistungen erlassen worden. Insoweit sei eine Änderung nicht eingetreten. Auch die Kürzung der Hilfe auf 3.719,00 DM ab 01.12.1998 sei rechtswidrig. Das Krankheitsbild des Antragstellers habe sich nicht geändert. Der Bescheid vom 28.07.1998 habe auch die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers berücksichtigt. Hierbei habe vor allem auch die Ãœberlegung eine Rolle gespielt, daß der Antragsteller in seinem eigenen Bereich und seiner eigenen Wohnung weiterleben könne und dort versorgt werde. Die Antragsgegnerin verkenne den in § 3a Satz 1 BSHG normierten Vorgang der offenen Hilfe. Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei es, dem Hilfebedürftigen eine möglichst weitgehende Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen und ein menschenwürdiges Dasein zu gewährleisten. Mit einem menschenwürdigen Dasein sei die Schaffung eines eigenen Lebensbereiches und die Nutzung einer eigenen Wohnung untrennbar verbunden. Aus bloßen fiskalischen Gründen könne ein Hilfesuchender nicht auf ein Pflegeheim verwiesen werden. Dies sei unzumutbar. In den vorbereitenden Gesprächen mit den Vertretern des Sozialamts sei ausdrücklich auf die persönliche Situation des Antragstellers abgestellt und insbesondere auch besprochen worden, daß für den Antragsteller ein Verbleib in einem Wohnheim nicht zumutbar sei. Der im Bescheid vom 28.07.1998 festgelegte Höchstbetrag von monatlich 8.180,00 DM entspreche der vom Stadtrat beschlossenen Höchstgrenze der Leistungen für eine offene Hilfe. Deshalb könnten auch unverhältnismäßige Mehrkosten nicht vorliegen, wenn dieser Betrag nicht überschritten werde. Die Versorgung des Antragstellers in einer stationären Pflegeeinrichtung sei mit der derzeit erbrachten Pflege nicht vergleichbar. Die Verweisung auf eine stationäre Pflegeeinrichtung könne immer nur der letzte Schritt sein. Das selbständige Wohnen in einer eigenen Wohnung sei für das vollwertige Dasein in unserer Gesellschaft wesentlich. Oberstes Ziel einer menschenwürdigen Versorgung müsse es sein, die Selbständigkeit des Hilfesuchenden weitestgehend zu erhalten. Gerade ein vernünftig urteilender Mensch würde den Umzug in eine Pflegeheim als letztes Mittel betrachten und solange wie möglich in seiner eigenen Wohnung bleiben wollen. Die Auffassung, daß ein Behinderter, der sich nicht mehr ohne fremde Hilfe aus dem Haus begeben könne, grundsätzlich in einem Pflegeheim untergebracht werden ~ müsse, sei zynisch und verstoße gegen die Menschenwürde. Es sei dem Antragsteller auch durchaus möglich, mit fremder Hilfe das Haus zu verlassen und Besuche zu machen oder andere Dinge zu erledigen. Es sei auch widersprüchlich, wenn die Antragsgegnerin weiter ausführe, daß sonstige Kontakte wegen der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr nicht erschwert würden. Der Antragsteller würde durch einen Umzug eine psychische Situation gebracht, die zu weiteren schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen würde. Die psychische Situation des Antragstellers sei durch seine Krankheit so angespannt, daß er einen Umzug nicht verkraften würde. Dies sei jederzeit durch medizinische Gutachten nachweisbar und ergebe sich auch durch eine noch einzuholende Stellungnahme des derzeitigen Pflegedienstes. Auch aus diesem Grund sei es dem Antragsteller keinesfalls zumutbar, seinen bisher gewohnten Lebensbereich aufzugeben und unter Aufgabe seiner Selbständigkeit in ein Pflegeheim zu ziehen. Auch die aufgemachte Kostenrechnung sei nicht haltbar. Zum einen träfe den Antragsteller eine weitaus höhere Kostenlast als bisher. Die von ihm zu zahlende Miete und der Aufwand für den eigenen Lebensunterhalt erreichten bei weitem nicht die im Pflegeheim zu zahlenden Kosten. Zu Unrecht lege die Antragsgegnerin auch einen lediglich aufzuwendenden Betrag von 2.474,14 DM zugrunde. Vielmehr müsse der Gesamtbetrag von 6.224,14 DM für den Aufwand in einer stationären Einrichtung berücksichtigt werden. Hinzu kämen noch die medizinischen Hilfeleistungen, die derzeit ebenfalls durch die Pflegekräfte erbracht würden. Es treffe auch nicht zu, daß der Pflegebedarf in einer stationären Einrichtung in gleicher geeigneter Weise sichergestellt werden könne. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb eine Abwägung gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit jetzt erfolge. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage sei nicht eingetreten. Es sei eine der ureigensten Aufgaben des örtlichen Sozialhilfeträgers, die Ziele des BSHG zu verwirklichen. Diese dürfe er nicht durch ein überzogenes Sparsamkeitsdenken gefährden.

Ãœber den Widerspruch ist noch nicht entschieden.

2. Am 25.11.1998 ließ der Antragsteller beantragen,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Hilfe zur Pflege in Form der Ãœbernahme der Pflegekosten des Helfende Hände Sozialdienste e.V., bzw. der Pflegekraft, Frau ..... die durch das Sozialamt der Stadt Wüfzburg als ergänzende Sachleistungen zu den Leistungen der Pflegekassen gewährt werden, für die Zeit ab 01.12.1998 auf vorläufig maximal 8.180,00 DM pro Monat festzusetzen und ihm vorläufig weiter zu gewähren, bis über seinen Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom
07.10.1998 entschieden ist.

Zur Begründung wurde auf das Widerspruchsvorbringen verwiesen und ergänzend vorgetragen: Der Antragsteller sei auf die Hilfe der Antragsgegnerin angewiesen. Er sei nicht in der Lage, sich allein zu versorgen.

Die pflegerische Betreuung sei nur dann sichergestellt, wenn die zugesagte Hilfe auch bezahlt werde. Es sei daher dringend geboten, eine Sicherung der Pflege bis zur Entscheidung über den Widerspruch herbeizuführen. Durch die Versagung der Hilfe ab 1. Dezember würden Tatsachen geschaffen, die ohne weiteres nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Durch die Bescheide vom 28.07.1998 sei auch ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Der Änderungsbescheid vom 07.10.1998 stelle eine teilweise Rücknahme der vorher bewilligten Leistungen dar, was nur unter ganz engen - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen möglich sei. Die Leistungen seien im wesentlichen verbraucht und die ganze Lebenssituation des Antragstellers sei auf die Gewährung dieser Leistungen eingerichtet worden. Die individuelle Betreuung eines behinderten Menschen müsse nach § 3a Satz 1 BSHG immer Vorrang vor einer stationären Betreuung haben. Die Antragsgegnerin habe in ihren Bescheiden vom 28.07.1998 die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers geprüft. Diese Prüfung und die darauffolgende Abwägung habe zu einer Leistungsbewilligung bis zu einem maximalen. Betrag von 8.180,00 DM geführt.

Eine Rücknahme dieser Bewilligung sei nicht zulässig. Der Antragsteller werde darauf verwiesen, sein weiteres Leben in einer stationären Einrichtung zu verbringen, um den Städtischen Haushalt zu entlasten. Dies sei auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig.

3. Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag kostenpflichtig abzulehnen.

Sie führte im wesentlichen aus: Unter Berücksichtigung der höheren vorrangigen Leistungen der Pflegekasse habe die Hilfe ab 01.09.1998 neu festgesetzt werden müssen. Es sei unzutreffend, daß die Sozialhilfe unabhängig von der Leistungshöhe vorrangig Verpflichteter in der einmal festgesetzten Höhe weiter zu leisten sei. Der Sozialhilfeträger habe nur den angemessenen Bedarf zu decken, der nicht durch vorrangig Verpflichtete zu tragen sei. Der Nachrang der Sozialhilfe gebiete es, den Bedarf jeweils neu festzusetzen, zumal ein Sozialhilfebescheid keine Dauerwirkung habe und über den Sachverhalt gleichsam täglich neu entschieden werden könne. Die in § 3 a BSHG vorgesehene Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, darauf hinzuwirken, daß die erforderliche Hilfe soweit wie möglich außerhalb von Anstalten und Heimen gewährt wird, bedeute nicht, daß der Sozialhilfeträger in jedem Fall und unabhängig von den entstehenden Kosten verpflichtet wäre, für einen Hilfebedürftigen, der in seiner Wohnung leben will, die erforderliche Pflege im häuslichen Bereich sicherzustellen. Der Gesetzgeber habe mit dem in § 3 a BSHG enthaltenen Zusatz "soweit wie möglich" zum Ausdruck gebracht, daß der Hilfeempfänger nicht in jedem Fall einen Anspruch auf die ambulante Hilfe habe. Vielmehr lasse sich diesem Zusatz entnehmen, daß der Sozialhilfeträger bei der Entscheidung zwischen der Hilfe in Einrichtungen und der offenen Hilfe im Einzelfall auch die finanziellen Belastungen berücksichtigen dürfe, die mit dieser Entscheidung verbunden seien. Der Träger der Sozialhilfe sei deshalb trotz der Bestimmung des Vorrangs der offenen Hilfe in § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 3a BSHG berechtigt, nach § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG zu prüfen, ob die gewünschte Hilfe (häusliche Wartung und Pflege) im Vergleich zu der Hilfe in einer geeigneten stationären Einrichtung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei. Es entspreche auch durchaus dem gesetzgeberischen Willen, bei dem nach § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG erforderlichen Kostenvergleich die Kosten der gewünschten Hilfe den Kosten einer vom Sozialhilfeträger statt dessen konkret angebotenen Hilfe gegenüberzustellen. Dem Antragsteller sei der Umzug in ein für ihn geeignetes Pflegeheim zumutbar. Das empfohlene Jakob-Riedinger-Haus befinde sich am gleichen Wohnort des Antragstellers, so daß bei einem Umzug das persönliche Umfeld nicht verloren gehe. Familiäre Bindungen des Antragstellers in Würzburg bestünden nicht. Ein Heimplatz stehe auch tatsächlich zur Verfügung. In einem gleichgelagerten Fall habe der VGH Baden-Württemberg im Sjnne der Antragsgegnerin entschieden (U.v. 14.03.1997, FEVS 48,86).

4. Die einschlägigen Sozialhilfeakten wurden zum Verfahren beigezogen.

II

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zulässig und nach Maßgabe des Beschlußtenors auch begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlaß einer, einstweiligen Anordnung setzt voraus, daß im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein. Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind (§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es liegt auf der Hand, daß bei einer Reduzierung der Ãœbernahme der angemessenen Pflegekraftkosten auf einen Betrag von lediglich 3.719,00 DM (statt bisher8.180.00  DM) die Fortführung der ambulanten Pflege nicht mehr sichergestellt ist. Daran läßt auch das Schreiben des derzeitigen Pflegedienstes vom 28.10.1998 (Bl. 200 der Sozialhilfeakten) keinen Zweifel.

Der Antragsteller hat ferner auch einen Anordnungsanspruch nach Maßgabe des Beschlußtenors glaubhaft gemacht.

Es ist nicht strittig, daß dem Antragsteller nach § 68 Abs. 1 Satz 1 BSHG Hilfe zur Pflege zu gewähren ist. Es ist ebenfalls nicht strittig, daß der Antragsteller bei einer häuslichen Pflege nach § 69 b Abs. 1 Sätze 1 und 2 BSHG einen Anspruch darauf hat, daß die angemessenen Aufwendungen der Pflegeperson erstattet und die angemessenen Kosten besonderer Pflegekräfte übernommen werden. Strittig ist lediglich, ob sich der Antragsteller auf eine vollstationäre Pflege im Jakob-Riedinger-Haus verweisen lassen oder - bei Beibehaltung der häuslichen Pflege - mit einer Übernahme der Pflegekraftkosten lediglich in Höhe von 3.719,00 DM begnügen muß. Dies ist jedoch aufgrund einer im Eilverfahren ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu verneinen.

Die Antragsgegnerin hat im Fall des Antragstellers bisher angemessene Pflegekosten in einer Gesamthöhe von (360,00 DM täglich x 30,5=) 10.980.00  DM anerkannt (Bl. 163 der Sozialhilfeakten), hiervon jedoch die von der Pflegekasse in Höhe von 2.800,00 DM erbrachten Sachleistungen abgezogen, wodurch sich der im Bescheid vom 28.07.1998 genannte Höchstbetrag von 8.180,00 DM errechnete. Dies ist nicht zu beanstanden, weil nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI die Leistungen der Pflegeversicherung den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz vorgehen und weil gemäß § 69c Abs. 4 Satz 1 BSHG Leistungen nach § 69b Abs. 1 BSHG insoweit nicht gewährt werden, als der Pflegebedürftige in der Lage ist, zweckentsprechende Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften in Anspruch zu nehmen. Es ist daher ebenfalls nicht zu beanstanden, daß die Antragsgegnerin den bisherigen Höchstbetrag von 8.180,00 DM um die erhöhten Härtefallsachleistungen (3.750,00 DM) der Pflegekasse auf 7.230.0  DM reduziert hat. Dies gilt jedenfalls für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ab 01.12.1998. Ob diese Kürzung auch rückwirkend zulässig war, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Die Antragsgegnerin stützt ihre Entscheidung, dem Antragsteller ab 01.12.1998 ergänzende Sachleistungen nicht mehr in Höhe von monatlich 7.230,00 DM, sondern nur noch in Höhe von monatlich 3.719,00 DM zu gewähren, jedenfalls nunmehr im gerichtlichen Verfahren auf §§ 3 Abs. 2 Satz 3, 3a BSHG, wobei sie - wie sich aus ihrer Antragserwiderung vom 02.12.1998  ergibt - von einer Fassung des § 3a BSHG („Der Träger der Sozialhilfe soll darauf hinwirken, daß die erforderliche Hilfe soweit wie möglich außerhalb von Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen gewährt werden kann.") ausgeht, die durch Art. 26 Nr. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22.12.1984 (BGBl. I S. 1532) neu eingefügt wurde, jedoch nur bis 31.07.1996 gegolten hat. Durch Art. 1 Nr. 2,17 des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts vom 23.07.1996 (BGBl. I S. 1088) hat die Vorschrift des § 3a BSHG über den „Vorrang der offenen Hilfe" vielmehr ab 01.08.1996 folgende im vorliegenden Fall maßgebende Fassung erfahren:

„Die erforderliche Hilfe ist soweit wie möglich außerhalb von Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen zu gewähren. Dies gilt nicht, wenn eine geeignete stationäre Hilfe zumutbar und eine ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen."

Durch diese Neufassung ist jedoch die mit der Einführung dieser Vorschrift im Jahr 1984 erfolgte völlige Neubewertung der Hilfeformen des BSHG im Verhältnis stationärer zu ambulanter Hilfe nicht in Frage gestellt worden (Roscher in LPK-BSHG, 5. Auflage 1998, Rd.Nr. 1 zu § 3a). Gleiches gilt für die seinerzeitige Feststellung im Gesetzgebungsverfahren, daß offene Hilfe als „sachgerechtere und menschenwürdigere Hilfe" grundsätzlich vorrangigist (ebd.). Der Vorrang der häuslichen Pflege ist im übrigen auch eine entscheidende Zielsetzung der Pflegeversicherungsgesetzes (vgl. § 3 SGB XI).

Daß im Fall des Antragstellers eine ambulante Pflege möglich ist, wird von der Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt, mag der Antragsteller auch ein „schwieriger Pflegefall" sein. Die bisher erbrachten ambulanten Pflegeleistungen trugen dem hohen Pflegebedarf des Antragstellers hinreichend Rechnung und waren daher geeignete Hilfen. Hieran hat sich auch nichts geändert. Nach den Feststellungen einer Pflegekraft des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen funktioniert die momentane Pflege durch die Helfenden Hände und Frau ..... sehr gut (vgl. Aktenvermerk vom 05.08.1998,. Bl. 176 der Sozialhilfeakten). Daraus folgt, daß dem Antragsteller Hilfe zur Pflege als ambulante Hilfe zu gewähren ist (§ 3 a Satz 1 BSHG).

Fraglich kann nur sein, ob im vorliegenden Fall die einschränkende Regelung des § 3a Satz 2 BSHG eingreift. Durch diese spezielle Regelung zum Verhältnis ambulanter und stationärer Hilfe ist ein Rückgriff auf § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG nicht mehr möglich und gar nicht nötig (vgl. dazu auch OVG Lüneburg, U.v. 28.08.1996, NDV-RD 1997, 85). Es reicht jedenfalls nicht aus, daß eine ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist.

Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, nach dem beide Voraussetzungen für den Ausschluß der Rechtsfolge des Satzes 1 nebeneinander erfüllt sein müssen (ebd.; ferner Schellhorn-Jirasek-Seipp, Komm. z. BSHG, 15. Aufl., Rd.Nr. 8 zu § 3 a). Es ist darauf hingewiesen worden (Roscher, a.a.O., Rd.Nr. 7 zu § 3 a), daß bei einem durch ambulante Hilfen zu deckenden sozialhilferechtlichen Bedarf stationäre Hilfen per se nicht geeignet sind und daß Satz 2 richtig nur wie folgt gelesen werden kann: „Satz 1 gilt nicht, wenn eine stationäre Maßnahme trotz der eigentlich möglichen ambulanten Maßnahme dem Hilfesuchenden zumutbar ist, also Abstriche an der Zielsetzung des Satzes 1 erwartet werden können, und eine ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist." In der Literatur ist allerdings umstritten, ob § 3a BSHG auch bei der Hilfe zur Pflege anwendbar ist (bejahend Roscher, a.a.O., Rd.Nr. 10 zu § 3a; verneinend Jürgens, Der Vorrang ambulanter Hilfen nach § 3 a BSHG in der durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts veränderten Fassung, NDV 1996, 393 ff.). Beide Autoren sind sich jedoch darüber einig, daß aufgrund der Neufassung des § 68 Abs. 2 BSHG durch Art. 4 Nr. 1 des Ersten SGB XI - Änderungsgesetzes vom 14.06.1996 (BGBl. I S. 830) stationäre Pflege nicht erbracht werden darf, wenn häusliche Pflege möglich ist. Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BSHG n.F. umfaßt die Hilfe zur Pflege häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und vollstationäre Pflege. Nach § 68 Abs. 2 Satz 2 BSHG n.F. bestimmt sich der Inhalt dieser Hilfen nach den Regelungen der Pflegeversicherung für die in § 28 Abs. 1 Nr. 1, 5 bis 8 SGB XI aufgeführten Leistungen. Damit ist für die vollstationäre Pflege (§ 28 Abs. 1 Nr. 8 SGB XI) § 43 Abs. 1 SGB XI in Bezug genommen, wonach Pflegebedürftige Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen haben, wenn häusliche oder stationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des einzelnen Falles nicht in Betracht kommt. Hieraus folgert Jürgens (a.a.O., S. 395; ebenso Mergler-Zink, Komm. z. BSHG, 4. Auflage 1998, Rd.Nr. 16 zu § 69), daß auch vom Sozialhilfeträger stationäre Hilfe nur erbracht werden darf, wenn häusliche Pflege nicht möglich ist. Roscher (a.a.O., Rd.Nr. 10 zu § 3a) bringt dies auf die präzise Formel: „Weil das Verhältnis von ambulanter und stationärer Hilfe bei der Pflege klar geregelt ist, sind Zumutbarkeitserwägungen i.S. des § 3 a Satz 2 bei der Hilfe zur Pflege zwingend ausgeschlossen, die Bezugnahme auf SGB XI in § 68 Abs. 2 bedeutet also die nicht durch Satz 2 relativierte Anwendung des Satzes 1 bei ambulant zu deckendem Bedarf."

Folgt man dieser Auffassung, dann ist § 3a Satz 2 BSHG im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Doch kann die Kammer dies letztlich offenlassen. Denn dem Antragsteller wäre eine stationäre Hilfe zur Pflege jedenfalls auch nicht zumutbar, so daß es auf die Höhe der Mehrkosten der ambulanten Hilfe nicht ankommt. Bei der Prüfung, ob die Unterbringung in einer Einrichtung zumutbar ist, spielt die Frage der Kosten keine Rolle (Roscher, a.a.O., Rd.Nr. 8 zu § 3 a). Für die Frage der Zumutbarkeit kommt es auch nicht allein auf die subjektive Sicht des Betroffenen an. Vielmehr muß darauf abgestellt werden, ob ein vernünftig urteilender Mensch anstelle des Betroffenen billigerweise das Leben in der vom Sozialhilfeträger benannten Einrichtung ablehnen und eine ambulante Hilfe vorziehen würde (Jürgens, a.a.O., S. 396). Ausdrücklich ist bestimmt, daß bei der Prüfung der Zumutbarkeit die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich gilt, daß die Belassung des Pflegebedürftigen in seiner gewohnten Umgebung, solange hier ausreichende Pflege sichergestellt ist, am menschenwürdigsten ist (Mergler-Zink, a.a.O., Rd.Nr. 8 zu § 3a). Auch ist davon auszugehen, daß Pflegebedürftige selbst den Wunsch haben, solange wie möglich in ihrer häuslichen und vertrauten Umgebung zu bleiben (Gaßmann, Komm. z. SGB XI, 1995, Rd.Nr. 1 zu § 3). Gerade bei einem Pflegebedürftigen im Alter von erst 45 Jahren hat der Wunsch, in seiner eigenen und ihm vertrauten Wohnung zu verbleiben und sein Leben, soweit es seine schwere Krankheit zuläßt, selbständig und eigenverantwortlich gestalten zu können, besonderes Gewicht und steht der lebenslangen Einbindung in die Ordnung einer Einrichtung mit fremdbestimmten Tagesablauf entgegen. Daran ändert nichts, daß der Antragsteller rund um die Uhr auf fremde Hilfe angewiesen ist. Trotz dieses außergewöhnlichen Umfangs seiner Pflegebedürftigkeit bleiben ihm vielfältige Möglichkeiten, in seiner eigenen Wohnung und von ihr aus den Tagesablauf eigenständig zu planen, zu gestalten und Aktivitäten zu entfalten. Nach Aktenlage ist auch davon auszugehen, daß eine Heimunterbringung auch aus gesundheitlichen Gründen jedenfalls nicht ratsam ist. Nach der Prognose einer Pflegekraft des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen würde sich eine Heimunterbringung wohl negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken und die psychische Situation des Antragstellers eher verschlechtern (vgl. Aktenvermerk vom 05.08.1998, Bl. 176 der Sozialhilfeakten). Es ist nicht verständlich, daß die Antragsgegnerin zu dieser Problematik mit Schreiben vom 05.08.1998 einen Bericht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen zwar anfordert, diesen jedoch nicht abwartet und den Änderungsbescheid ohne jegliche medizinische Stellungnahme am 07.10.1998 erläßt.

Eine über den Zeitraum von sechs Monaten hinausgehende einstweilige Regelung hält die Kammer i.S. des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht für nötig. In diesem Zeitraum kann auch eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde erwartet werden. Insoweit deckt sich der Antrag des Antragstellers mit der gerichtlichen Entscheidung.

Kosten: §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 146 Abs. 4 und 5 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Beschwerde gegen diesen Beschluß innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe beim Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, Postanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Beschluß zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Über die Zulassung der Beschwerde entscheidet der Bayer. Verwaltungsgerichtshof. Vor dem Bayer. Verwaltungsgerichtshof muß sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Beschwerde.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit in Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des Sozialhilferechts sind vor dem Bayer. Verwaltungsgerichtshof als Prozeßbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Vereinigungen der Kriegsopfer und Behinderten zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung befugt sind. In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Bayer. Verwaltungsgerichtshof als Prozeßbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen. In Angelegenheiten der Beamten und der damit in Zusammenhang stehenden Sozialangelegenheiten sowie in Personalvertretungsangelegenheiten sind vor dem Bayer. Verwaltungsgerichtshof als Prozeßbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind. Die Sätze 8 und 10 gelten entsprechend für Bevollmächtigte, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Sätzen 8 und 10 genannten Organisationen stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozeßvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Beschwerde zuzulassen ist, darzulegen.

Es wird darauf hingewiesen, daß die Beschwerde nur zuzulassen ist,

  1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen,
  2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
  3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
  4. wenn der Beschluß von einer Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
  5. wenn ein der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Beschwerde ist nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 400,00 DM nicht übersteigt.
gez.: Dr. Dünninger , Hoch, Eberth

 

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